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Alltagsgeschichte des Mittelalters

IX. 5. Die Anfertigung und die Herstellung von Büchern

Während in den Schulen und in den Universitäten bis in die Neuzeit hinein Bücher eine Mangelware blieben und die Schüler als auch die Studenten durch ständiges Rezitieren ihrer Lehrer den Unterrichts- und Prüfungsstoff im Gedächtnis behalten mußten, konnte durch die vermehrte Anfertigung und Herstellung von Büchern Ende des 15. Jhs. das Wissen endlich sehr viel schneller auch über die territorialen Grenzen hinaus verbreitet werden.

Die Heilige Maria Magdalena mit einem kostbaren Buch
Abb. 52: Die Heilige Maria Magdalena mit einem kostbaren Buch, das goldene Schnallen zum Verschließen aufweist und das zu seinem äußeren Schutz in ein weißes Tuch gehüllt ist

Bis zum 12. Jh. war die Anfertigung von Büchern allein von den Geistlichen bewerkstelligt worden, die jedes einzelne Exemplar in mühevoller Kleinarbeit mit der Hand kopieren mußten. Als Schreibunterlage benutzten sie das kostbare Pergament, das in einem komplizierten und langwierigen Prozeß aus Schaf-, Kalb- und Ziegenhäuten gewonnen wurde. Die Verwendung von Papier, das aus alten, fein gemahlenen Stoffetzen und Knochenleim hergestellt wird, war zwar schon 105 n. Chr. in China bekannt, aber es dauerte noch über ein Jahrtausend, bis das Abendland mit der Hilfe der Araber hinter die Geheimnisse der Papierherstellung gelangte.

Erst 1144 wurde schließlich die erste Papiermühle in Spanien, 1189 in Frankreich, 1267 in Italien, 1494 in England und 1586 in Holland erwähnt. In Deutschland wurde die erste Papiermühle 1389 vor den Toren Nürnbergs vom Ratsherren und Kaufmann Ulman Stromer betrieben.

Um 1450 sorgte der Mainzer Goldschmied Johannes Gutenberg († 1468) für eine Sensation auf dem "Büchermarkt". Hatte man bis dahin noch die Buchstaben eines Textes der Reihe nach auf eine hölzerne Tafel geschnitzt und konnte man, indem man diese Tafel mit Druckerschwärze versah, den Text mittels einer Handpresse in der gewünschten Anzahl auf dem Papier erscheinen lassen, erfand Johannes Gutenberg nun endlich die austauschbaren, beweglichen, immer wieder verwertbaren Metallbuchstaben. Mit diesen Buchstaben druckte er im Jahre 1447 sein erstes Dokument und 1453/1454 die 42-zeilige Bibel, die heute noch im Gutenberg-Museum in Mainz zu bewundern ist. Im Jahre 1041 hatte, nebenbei bemerkt, ein Chinese mit dem Namen Pi Shêng schon den Druck mit beweglichen Tonlettern erfunden, von denen das Abendland jedoch nicht die geringste Ahnung hatte.

Mit diesen beweglichen Metallbuchstaben des Johannes Gutenberg konnten neue Gedanken, Ratschläge und Proteste viel schneller aufs Papier gegeben und verbreitet werden. Gegen Ende des 15. Jhs. sanken allmählich die Preise der gedruckten Werke und fortan konnten sich neben den Geistlichen und Adligen auch die reichen Bürger den Kauf von Büchern leisten. Ein mittlerer Beamter, z.B. ein Schreiber, hatte jedoch immer noch vier Jahre lang seinen Lohn zu sparen, um in den Besitz z.B. einer Gutenberg-Bibel zu gelangen (Abb. 52).


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