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Frauenschicksale aus dem 15. und 16. Jahrhundert

Anna Weller aus Molsdorf - Die große Liebe und Gattin des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen

Anna Weller aus Molsdorf
Abb. 1: Anna Weller aus Molsdorf als die Heilige Margarete, um 1505/06

Nachdem der sächsische Kurfürst Friedrich III. (1463-1525), der bereits zu seinen Lebzeiten den Beinamen „der Weise“ erhielt, über viele Jahre hindurch um die Hand der einzigen Tochter des Kaisers Maximilian I., Margarete von Österreich (1480-1530), geworben hatte und Letztere absolut nicht bereit war, jenen zu ehelichen, folgte Friedrich III. schließlich nur noch seinem Herzen. Er heiratete – was nicht selten in der Renaissance, also im 14. bis 16. Jahrhundert, geschah – unter seinem Stand. Und wie stets in solch einem Fall – da die eigenen hohen Standesgenossen auf einen hinabzuschauen begannen (wie konnte man sich soweit herablassen, ein Weib unter seinem eigenen hohen Stand zu nehmen?) ‒ wurde diese Ehe heimlich geschlossen.

Aber da auch im Fall der heimlichen Eheschließungen die Heirat vor einem Geistlichen und Trauzeugen (normalerweise 10 Personen) geschlossen wurde, gibt es immer Zeitgenossen, die von dieser Eheschließung Bescheid wussten. Die Trauzeugen von Friedrich dem Weisen und Anna Weller plauderten nicht. Und trotzdem verfügen wir über zeitgenössische schriftliche und bildliche Quellen, von Martin Luther (in: WATR 4, 322, 2-14; und in: Ernst Kroker, Luthers Tischreden in der Mathesischen Sammlung, Leipzig 1903, Nr. 77), einem gewissen Lauterbach (in: William Walker Rockwell, Die Doppelehe des Landgrafen Philipp von Hessen, Marburg 1904, S. 153), der sächsischen Herzogin Elisabeth von Rochlitz (in: William Walker Rockwell, ebenda, S. 152-153) und Lucas Cranach dem Älteren, die uns von dieser heimlichen Eheschließung zwischen den beiden berichten.

So wissen wir zum Beispiel, dass Anna Weller aus Molsdorf stammte (Abb. 1). Sie gehörte nicht zur Patrizierfamilie Weller von Molsdorf aus Freiberg, sondern muss ein Mitglied der Weller aus Molsdorf gewesen sein. In zeitgenössischen Quellen wurde sie zudem „Anna Wellerinn aus Mölsdorf“ (und nicht „von Molsdorf“) genannt. Außerdem war sie noch sehr jung, vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, als sie im Jahr 1506 die Gattin des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen wurde (Abb. 2). Friedrich der Weise hatte zwar im Jahr 1506 selbst noch eine vermeintliche Ehe dementiert, aber, um heimliche Eheschließungen, die einen großen Prestigeverlust bedeuteten, weiterhin geheim zu halten, waren alle hohen Herren und Damen in der Vergangenheit zum Leugnen und Lügen bereit. Obwohl Anna Weller im Jahr 1506 noch sehr jung war, war sie zu diesem Zeitpunkt bereits Witwe. Martin Luther und die sächsische Herzogin Elisabeth von Rochlitz nannten sie die „Wantzlerinne“,„Watzlerinne“, oder „Watzellerin“. War ihr erster Gatte ein ehemaliger Diener von Friedrich dem Weisen gewesen? Schließlich wurde bei ihm im Haushalt ein gewisser Bernharden Watzler erwähnt.

Anna Weller aus Molsdorf
Abb. 2: Anna Weller aus Molsdorf als die Liebesgöttin Venus, 1509
Anna Weller aus Molsdorf mit Familie
Abb. 3: Anna Weller aus Molsdorf mit ihrem Gatten, dem sächsischen Kurfürsten, und ihren Söhnen Fritz und Bastel, 1509

Um diese Eheschließung vor Friedrichs hohen Standesgenossen geheim zu halten, lebte Anna Weller nicht in seinen Schlössern. Aber wie schrieb schon Annette Droste-Hülshoff so treffend: „Nichts ist so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen“. Und so erzählt uns schließlich die sächsische Herzogin Elisabeth von Hessen/Rochlitz (1502-1557), dass Anna Weller, wenn Friedrich der Weise sie sehen wollte, „bei Nacht im Geheimen geholt“ wurde. Dabei lebte Anna Weller sehr bescheiden. Sie hielt in ihrem Haushalt nur einen alten Knecht und eine alte Frau (auf deren Verschwiegenheit man sich verlassen konnte) und je nach Bedarf noch eine Säugamme. Letztere benötigte sie des Öfteren, denn sie schenkte ihrem Gatten laut Martin Luther vier Kinder (in: WATR 4, 322, 5f.), drei Söhne: 1. Friedrich (kurz „Fritz“ genannt), geboren um 1506, 2. Sebastian (kurz „Bastel“ genannt) (Abb. 3), geboren um 1507/08, gestorben im Jahr 1535, 3. Hieronymus, geboren um 1509, gestorben vor 1525, und eine Tochter, geboren um 1512, gestorben nach 1525, deren Namen wir leider nicht kennen (Abb. 4). Übrigens wurden seine Söhne und seine Tochter in zeitgenössischen Quellen nie als „uneheliche Kinder“ bezeichnet! Friedrich der Weise liebte seine Kinder sehr. Und zumindest Fritz und Bastel lebten schließlich zeitweise bei ihrem Vater auf seinen Schlössern.

Anna Weller aus Molsdorf mit ihren Kindern
Abb. 4: Anna Weller aus Molsdorf mit ihren vier Kindern
Anna Weller aus Molsdorf
Abb. 5: Anna Weller aus Molsdorf als Witwe (Dies ist nicht Margarete von Österreich!)

Da Friedrich der Weise mit Anna Weller eine standesungleiche Ehe eingegangen war, waren seine Kinder automatisch von der Erbfolge ausgeschlossen. Sein ältester Sohn Friedrich/Fritz konnte daher nach seinem Tod am 5. Mai 1525 nicht sein Nachfolger als der nächste Kurfürst von Sachsen werden. Diese Position übernahm der jüngere Bruder von Friedrich dem Weisen, Johann der Beständige (1468-1532), der schon im Jahr 1499 zu seinem Mitregenten erklärt worden war und der durch seine Heirat mit Sophie von Mecklenburg-Schwerin einen standesgemäßen Nachfolger, seinen Sohn, den zukünftigen sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich den Großmütigen, gezeugt hatte.

Seinen Söhnen Fritz und Bastel hatte Friedrich der Weise in seinem Testament das Schloss Jessen und je eine jährliche Summe von 500 Gulden vermacht. Seine 13-jährige Tochter, die zum Zeitpunkt seines Todes mit ihrer Mutter Anna Weller bei einem seiner Hausärzte, einem gewissen Dr. Paßka, in Magdeburg lebte, hatte er mit 500 Gulden bedacht. Wie viele Jahre Anna Weller nach dem Tod ihres geliebten Gatten noch beschieden waren, wissen wir leider nicht. Aber Lucas Cranach der Ältere sollte sie auch nach dem Tod ihres Gatten nicht vergessen und erstellte folgendes Porträt von ihr als Witwe (Abb. 5).

Wenn Sie mehr Darstellungen von Anna Weller aus Molsdorf betrachten möchten, dann schauen Sie bitte in ihren Bilderkatalog und bei Friedrich dem Weisen hinein.


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