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07/08/2014

Inkompetenz lässt wieder einmal grüßen!

Die Identifikation von Suzanne de Bourbon

Es ist wirklich nicht zu glauben, dass Kunsthistoriker nicht in der Lage sind, nach zehn Jahren endlich einzugestehen, dass sie bei der Identifizierung der jungen Dame im unteren Bild links einen riesigen Fehler gemacht haben, weil sie sich überhaupt nicht mit der Geschichte der Renaissance, den Mitgliedern der unterschiedlichen Dynastien in dieser Zeitepoche und deren Wappen, Symbolen oder Emblemen auskannten bzw. auskennen. Schließlich sind zehn Jahre wirklich eine lange Zeit, in der man die große Wissenslücke hätte füllen können. Aber nein, nicht Kunsthistoriker, denn bei denen scheint es zwei Gesetze zu geben: 1. Kunsthistoriker haben bei ihren Vermutungen und "Gefühlen" hinsichtlich der großen Kunstwerke immer recht. 2. Sollten sie nicht recht haben, tritt automatisch das 1. Gesetz in Kraft: Sie haben recht. So las ich heute im Buch: Kings, Queens, and Courtiers - Art in Early Renaissance France" bezüglich des linken Porträts Folgendes: "Although sometimes identified as Suzanne de Bourbon, the only child of Jean Hey's patrons Pierre II of Bourbon and Anne of France, the somber subject of his refined portrait must be the Habsburg princess Margaret of Austria. The alternating enamel C's and M's that edge her underdress and her large fleur-de-lis pendant support this identification. The scallop shells on her cap probably relate to the French royal order of Saint Michael." (p. 126) Hierzu meine Antwort (ja, ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Kunsthistoriker lernfähig sind!): 1. Die fleur-de-lis oder "Französische Lilie" dürfen nicht nur die französischen Könige und Königinnen, sondern auch die Mitglieder des Hauses der Bourbonen verwenden (einfach einmal das Wappen der Bourbonen anschauen!). 2. Das Symbol der Muschel ist ein Emblem der Bourbonen, das in der Tat auch im Orden des Heiligen Michael zu finden ist. Übrigens durfte sich in der Vergangenheit keine Frau mit diesem Orden schmücken. Durch das Symbol der Muschel wissen wir, dass wir es bei der Dargestellten mit einem weiblichen Mitglied des Hauses der Bourbonen zu tun haben. 3. Bei den Buchstaben handelt es sich nicht um ein "C" und ein "M", sondern um "C" und "II", das heißt "Charles II", der ein Cousin und der Gatte von Suzanne von Bourbon war. Ihr Porträt war anlässlich ihrer Heirat im Jahr 1505 von dem Hofmaler ihrer Eltern, Jean Hey, erstellt worden. Die Kunsthistoriker sollten sich jetzt doch endlich einmal in den zeitgenössischen Quellen des 15. und 16. Jahrhunderts anschauen, wie ein "M" in dieser Zeit geschrieben wurde. Das ist doch wirklich nicht zuviel verlangt, oder? Und nun schauen Sie sich einmal an, wie Margarete von Österreich aussah. Entdecken Sie außer der Kleidung, die typisch für die Zeit von Margarete von Österreich und Suzanne von Bourbon war, irgendeine Ähnlichkeit? Die Kunsthistorikerin Martha Wolff, die obigen Unsinn geschrieben hat, sieht auch keine Ähnlichkeit und benutzt daher das bei den Kunsthistorikern so beliebte "Idealisieren", um ihre Behauptung, bei der Abgebildeten handle es sich trotzdem um Margarete von Österreich, aufrechterhalten zu können: "... Because other likenesses of Margaret in her childhood and later years survive for comparison, we can see how Hey idealized his sitters." (p. 126) Ist doch wirklich plump für die eigene Inkompetenz der Kunsthistorikerin, die Dargestellte korrekt identifizieren zu können, den Hofmaler der Bourbonen, Jean Hey, für schuldig zu erklären, der nie "idealisiert" hat. Er malte Suzanne von Bourbon nämlich immer, wie sie wirklich aussah (siehe im unteren Bild rechts, auf dem sie ungefähr zwei Jahre alt war). Weitere Bildnisse von Suzanne von Bourbon finden Sie hier.

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