In den Dörfern standen nur die Volksschulen mit ihrem elementaren Bildungsprogramm, bei der die Bibel den Leitfaden bot, zur Verfügung. In den Städten des 15. Jhs. gab es dagegen drei verschiedene Schulformen. Da waren zuerst einmal die "geistlichen" Schulen wie z.B. die Domschule und die "innere" Klosterschule, in denen der Priester- und der Klosternachwuchs ausgebildet wurden. Nur in der "äußeren" Klosterschule wurden für drei oder vier Jahre Jungen aufgenommen, die keinen geistlichen Beruf ergreifen wollten. Der Kernunterricht bestand aus den sieben freien Künsten (Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Musik, Geometrie, Arithmetik und Astronomie) und der Glaubenslehre.
Als Alternative zu diesen Schulen bot sich die Lateinschule an, die ausschließlich für Jungen zugänglich war. Hier durfte nur in Latein gelesen, geschrieben und gesprochen werden. Selbst im Privatbereich waren die Schüler unter Strafandrohung verpflichtet, ihre Gespräche lateinisch zu führen. Die Lateinschulen unterstanden dem städtischen Rat, der für die Schule und das Lehrpersonal zu sorgen hatte. Die Lehrer waren niedere Geistliche oder Laien, deren Kenntnisse größtenteils nicht überprüft wurden.
Die Schreib- und Rechenschulen stellten die dritte Schulform dar. Besonders die Kaufleute schickten ihre Kinder mit Vorliebe auf diese Schulen, denn neben dem Schreiben und Lesen wurden die Schüler auch in der Mathematik unterrichtet. In einigen Städten durften für drei oder vier Jahre auch Mädchen diese Schulform besuchen.
Eingeschult wurden die Kinder im Alter von sechs Jahren. Die erste Zeit über wurden sie von ihren Eltern zur Eingewöhnung mit Backwerk wie Brezeln, Feigen, Rosinen und Mandeln in die Schule geschickt. Die Unterrichtsfächer waren – je nach Schulform – Latein, Kirchengesang, Lesen, Schreiben, Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Geometrie und Arithmetik oder einfach nur Lesen und Schreiben mit viel Kirchengesang.
Der Unterricht dauerte je nach den Lichtverhältnissen bis zu 12 Stunden. Im Sommer begann er um 5 Uhr morgens und endete um 5 Uhr abends. Neben dem Lehrer gab es eine unterschiedliche Anzahl von Helfern. Die Kinder selbst waren in mehrere Gruppen eingeteilt. Ein Wechsel von einer Gruppe in eine andere konnte alle Vierteljahre je nach den Lernerfolgen stattfinden. Schüler wie Lehrer hatten nicht nur regelmäßig in der Schule zu erscheinen, sondern mußten auch an allen Gottesdiensten und Leichenbegängnissen teilnehmen.
Der Sadismus der Lehrer – auch der Lehrer in den Klöstern – war groß. So schlugen sie die Kinder nicht nur ausgiebig mit ihren Ruten, sondern ließen betroffene Schüler oft stundenlang auf Erbsen knien, am Schulpranger stehen, schwere Latten tragen, schmutziges Spülwasser trinken oder aus dem Hundetrog essen.
Selbst Martin Luther († 1546) konnte davon ein Lied singen:
"Da kriegt ein Schulmeister seine Henkersrute aus einem Eimer voll Wasser, haut, peitscht und tummelt den armen Schelm auf Posteriori herum, daß er schreit, daß mans über das dritte Haus hören möchte, hört auch nicht auf, bis dicke Schwülen auflaufen und das Blut herunterläuft. Teils (viele) Schulmeister sind so böse Teufel, daß sie Draht in die Rute flechten oder kehren die Rute um und brauchen das dicke Ende. Auch pflegen sie der Kinder Haare um den Bakel zu wickeln, und sie also damit zu zerren und zu raufen, daß es einen Stein in der Erde erbärmen möchte." (in: Max Bauer, Liebesleben in deutscher Vergangenheit, Berlin 1924, S. 115/116).
Laut eines Zeitgenossen von ihm, Georg Lauterbecken, sind einige Kinder sogar zu Krüppeln geschlagen worden. Aber wie heißt es nicht in der Bibel: "Schone die Rute, und du verdirbst dein Kind." Und so wurden die Geistlichen nicht müde, die Prügelstrafe hochleben zu lassen: "Wer seine Rute schont, der haßt seinen Sohn." (Abaelard, 12. Jh.).
"Von der Zeit an, wenn das Kind die ersten bösen Worte spricht, sollt ihr ein Rütlein bereithalten, das jederzeit an der Decke oder an der Wand steckt." (Berthold von Regensburg, 13. Jh.)
"Weil es nötig ist, dieses dem Bösen und nicht dem Guten zuneigende Alter im Schach zu halten, nimm oft die Gelegenheit wahr, die kleinen Kinder zu strafen, aber nicht zu heftig. Häufiges, aber nicht allzu hartes Schlagen tut ihnen gut ... Verdoppele die Bestrafung, wenn sie ihr Vergehen leugnen oder entschuldigen oder wenn sie sich der Strafe nicht beugen ... Und damit sollte man fortfahren nicht nur, solange sie drei, vier oder fünf Jahre alt sind, sondern solange sie es nötig haben, bis hin zum Alter von fünfundzwanzig Jahren." (Dominikanermönch Giovanni Dominici († um 1420).
Wohl tut nach all diesen geistlichen Erziehungsratschlägen der Erziehungsvorschlag des Humanisten Guarino von Verona († 1460), auch wenn dieser sich mit seiner Meinung bis zur Mitte des 20. Jhs. nicht durchsetzen konnte:
"Der Lehrer sollte nicht allzeit zur Prügelstrafe als einem Anreiz zu lernen greifen. Einer frei geborenen Jugend ist sie unwürdig, und ihre Anwendung erregt nur Widerwillen gegen das Lernen, und mit ihr zu drohen, führt bei den furchtsamen Knaben nur zu unwürdigen Ausflüchten. Der Schüler wird auf diese Weise sittlich und intellektuell beleidigt, der Lehrer wird betrogen, und überhaupt verfehlt die Strafe ihren Zweck. Das gebräuchlichste Hilfsmittel des Lehrers sei die Freundlichkeit, wohingegen die Bestrafung als letzter Ausweg im Hintergrund bleiben soll." (in: James Bruce Ross, ebenda, S. 305)