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Alltagsgeschichte des Mittelalters

V. 1.3. Die Kebsehe

Diese Eheform bestand zwischen einem Freien und einer Unfreien. Das Wort "Kebse" bedeutete Sklavin. Der Freie konnte, da er die sachenrechtliche Verfügungsgewalt über seine Unfreien besaß, seine Knechte und Mägde nach seinem Willen verheiraten. Es fiel ihm natürlich auch nicht schwer, seine eigene Magd jederzeit zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. Diese geschlechtliche Verbindung zwischen Magd und Herrn wurde Kebsverhältnis genannt. Ursprünglich handelte es sich dabei sicherlich nicht um eine Ehe. Aber bei entsprechender Verlautbarung konnte sie eheähnliche Formen annehmen. Im 9. Jh. waren die "Kebsehen" besonders weit verbreitet. Die Kinder aus dieser Lebensgemeinschaft waren wie die Friedelkinder väterlicherseits nicht erbberechtigt. Jedoch konnte der Vater zumindest ihre Rechtsstellung verbessern, indem er ihnen die Freiheit schenkte.

Im 10. Jh. ging die Kirche auch gegen diese Eheform verschärft vor. Sie ließ verkünden, daß der verheiratete Mann, der mit seiner eigenen Magd schlief, mit einem Jahr Buße rechnen mußte. Die Magd erhielt "nur" 40 Tage Buße, wenn ihr nachgewiesen werden konnte, daß sie den Geschlechtsverkehr gezwungenermaßen ertrug.

Die Heirat unter Stand war für den mächtigen Grundherrn im allgemeinen trotzdem kein Problem.

Schwierig wurde dieses Verhältnis nur für den kleinen Freien. Denn nach dem fränkischen Recht, der Lex Salica, aus dem frühen 6. Jh. wurde jeder Mann, der eine Unfreie heiratete, selbst zum Unfreien. Nach der Lex Ripuaria konnte er zwar seine Freiheit behalten, mußte aber hinnehmen, daß seine Kinder Leibeigene des Grundherrn seiner Frau wurden.

Der Rechtssatz, daß die gemeinsamen Kinder bei einer ständisch gemischten Ehe immer "der ärgeren Hand", d.h. dem rechtlich schlechter gestellten Ehepartner folgen sollten, galt im Mittelalter für jeden Stand.

Die Liebe zwischen einer Freien und einem Unfreien wurde dagegen noch härter bestraft.

Entdeckte man ihr Liebesverhältnis oder ihre heimliche Ehe, wurde der unfreie Ehemann nach dem langobardischen Recht getötet. Die freie Frau dagegen wurde zur Bestrafung ihrer Sippe übergeben, die sie wiederum töten oder als Sklavin verkaufen mußten. Falls ihre Familie sich jedoch aus humanitären Gründen weigern sollte, sie zu bestrafen, wurde die "Schuldige" zur Unfreien des Königs erklärt.

Nach fränkischem Recht wurde die freie Frau durch ihre Ehe mit einem Unfreien selbst zur Unfreien.

"Ihre Sippe konnte Einspruch gegen eine solche Eheschließung erheben und ein gerichtliches Verfahren erzwingen. Der Frau wurden ein Schwert und eine Spindel gereicht. Wählte sie das Schwert, so stempelte sie den Mann (den sie liebte) zum Frauenräuber und mußte ihn selbst töten. Wählte sie die Spindel, gab sie ihr Einverständnis mit der Ehe und verfiel der Unfreiheit." (in: Hans K. Schulze, Grundstrukturen der Verfassung, 2. Bd., Stuttgart 1985, S. 28)


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