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Frohe Weihnachten / Merry Christmas

Eine wunderschöne Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr 2025 wünscht Ihnen, meine lieben Leser und Leserinnen, Ihre Maike Vogt-Lüerssen von Downunder.

Möge das nächste Jahr Ihnen Gesundheit und viel Liebe schenken. Ganz besonders möchte ich mich bei denjenigen bedanken, die meine Bücher und E-Books gekauft haben und mir damit ermöglichen, meiner großen Leidenschaft, der Geschichte, weiterhin nachgehen zu können.

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Alltagsgeschichte des Mittelalters

X. 1. Der Aderlaß

Die Entstehung von Krankheiten führten die mittelalterlichen Ärzte auf eine Störung des Gleichgewichtes der vier Kardinalssäfte, nämlich des Blutes, des Schleimes, der gelben und der schwarzen Galle, zurück. Wenn z.B. zuviel schwarze Galle vorhanden war, mußte der Arzt entweder mittels Heilkräutern oder durch den Aderlaß versuchen, das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Dabei war das Aderlassen schon ein sehr alter Brauch. Die griechischen Ärzte hatten ihn im gesamten Mittelmeergebiet verbreitet. Hildegard von Bingen sah die Anwendung und den Nutzen des Aderlasses folgendermaßen:
"Sind bei einem Menschen die Gefäße mit Blut gefüllt, so müssen sie von dem schädlichen Schleim und dem durch die Verdauung gelieferten Saft durch einen Einschnitt gereinigt werden. Wird bei einem Menschen ein Gefäß angeschnitten, so erleidet das Blut, wie durch einen plötzlichen Schrecken, eine Erschütterung, und was dann zutage kommt, ist Blut, und fauliges und zersetztes Blut fließen gleichzeitig mit ab. Daher kommt es, daß das, was jetzt ausfließt, verschieden gefärbt ist, weil es aus Fäulnis und Blut besteht. Sobald die Fäulnis mit dem Blut ausgeflossen ist, kommt reines Blut heraus, und dann muß man mit der Blutentziehung aufhören. Macht man einem sonst gesunden und kräftigen Menschen einen Aderlaß, so soll die Menge des gelassenen Blutes soviel betragen, wie ein kräftiger, durstiger Mann auf einen Zug Wasser trinken kann. Wenn einer körperlich schwach ist, soll der Aderlaß soviel betragen, wie in ein Ei von gewöhnlicher Größe hineingeht. Denn ein Aderlaß, der über das Maß hinaus vorgenommen wird, schwächt den Körper gerade so wie ein Regenguß, der ohne Maße auf die Erde fällt, diese schädigt. Eine richtig bemessene Blutentziehung aber beseitigt die schlechten Säfte und sorgt für den Körper wie ein Regen, der langsam und in nicht zu großer Menge auf die Erde fällt, diese bewässert und befähigt, Frucht hervorzubringen." (in: Die Äbtissin Hildegard von Bingen, ebenda, S. 115)

der Aderlaß
Abb. 53: Auf diesem Holzschnitt wird eine Dame, die auf einem Schemel Platz genommen hat, von einem Bader zur Ader gelassen. Im Bereich ihres linken Ellenbogen spritzt das Blut bereits in eine auf ihrem Schoß befindliche Schüssel. Auf dem kleinen Tisch nebenan kann man einen messerähnlichen Gegenstand, die Fliete, erkennen, mit der man die Adern öffnete. Außerdem befinden sich auf ihm noch ein Nuppenglas, das mit Aderlaßwein gefüllt war, und ein rundes Weißbrot. Beides soll zur anschließenden Stärkung der Patientin dienen. Am Tisch angelehnt steht der Laßstab, mit dem die zur Ader gelassenen Patienten Drehbewegungen ausführen, um die Blutung zu erhöhen. Auf dem Boden liegt noch die Staubinde, die der Bader seiner Patientin um den Oberarm gebunden hatte, bevor er ihre Adern öffnete.

Der Zeitpunkt des Aderlasses hing von der Mondphase und dem Planetenstand ab. So glaubte man nämlich, daß der Aderlaß nur in den ersten sechs Tagen bei abnehmendem Mond helfe. Bei wachsendem Mond seien das Blut und die fauligen Flüssigkeiten so gut gemischt, daß man das Schlechte nur ungenügend vom Guten trennen könne.

Kinder unter sechs Jahren und alte Leute über 70 Jahren setzte man in der Regel statt des Aderlasses Blutegel an den Hals, auf die Schultern, auf die Kniebeugen und auf das Hinterteil. Hildegard von Bingen riet, wenn es notwendig sei, einen Jungen erst ab dem 12. Lebensjahr zur Ader zu lassen. Die bei ihm zu entnehmende Blutmenge sollte jedoch nicht mehr als zwei volle Nußschalen füllen. Und diese Prozedur dürfte auch nur einmal im Jahr vorgenommen werden.

Vom 15. bis 50. Lebensjahre konnte der Mann drei- bis viermal im Jahr zum Blutabnehmen erscheinen. Ab dem 50. Lebensjahr sollte er jedoch nur noch einmal pro Jahr zur Ader gelassen werden. Außerdem durfte die abzunehmende Blutmenge nur noch die Hälfte der bisherigen Menge betragen. Ab dem 80. Lebensjahr sollte beim Mann schließlich kein Blut mehr entnommen werden, da diese Behandlung dann eher schädlich als nützlich sei.

Bei der Frau, der man weit mehr schädliche Säfte und Fäulnisstoffe in ihrem Blut nachsagte, sollte dagegen bis zum 100. Lebensjahr das verdorbene Blutwasser entzogen werden.

Hildegard von Bingen vertrat zudem die Auffassung, daß man bis zum 30. Lebensjahre sehr vorsichtig mit dem Aderlaß umgehen müßte. Besonders Kinder und Jugendliche im Wachstum sollten davon verschont werden. Auch dürfte man nie zuviel Blut abzapfen, weil sonst die Schleime im Körper überhandnehmen, und das verarmte Blut sich nicht gegen Seuchen und andere Krankheiten wehren könnte.

Aderlässe wurden im Kloster vom Tonsor, der auch die Tonsur und die Bärte der Mönche rasierte, und in der Stadt vom Bader vorgenommen. Sie schnitten mit einem messerähnlichen Gegenstand, der Fliete, bestimmte Adern an. So unterschieden sie z.B. drei Hauptadern, nämlich die Kopfader, die Mittelader und die Leberader (Abb. 53). Für am wirkungsvollsten wurde von ihnen der Schnitt in die Kopfader gehalten, da diese mit vielen säfteführenden Gefäßen eng in Verbindung stehe. Bei traurigem Herzen, Schwermut, Schmerzen an der Seite, Lungen- und Herzschmerzen wurde die Mittelader angeschnitten. Bei Leber- und Milzschmerzen, bei dem Gefühl von Atembehinderung, bei Schwindelanfällen sollte dagegen die Leberader geöffnet werden. Bei speziellen Schmerzen z.B. an der Zunge oder am Fuß wurden an diesen betreffenden Orten kleine Schnitte angelegt.

Mit der Fliete konnte man durch Druck und Schlag die drei genannten Hauptadern in der Armbeuge anschneiden, und zwar wurden diese Blutgefäße schräg oder in Längsrichtung geöffnet. Dünnere Adern, vor allem an den Füßen, schnitt man quer an.

Zur Ader wurde jedoch nicht nur im Krankheitsfalle gelassen, sondern auch wenn Frauen an zu großen Brüsten litten. Denn bis Mitte des 15. Jhs. waren kleine Brüste gefragt und stand der große Busen – nicht nur modemäßig – in einem schlechten Ruf. So behaupteten die jungen Männer, diese Brüste wären so groß, weil sie von ihnen oder gar von anderen in die Länge gezogen worden wären. Deshalb mußten diese Frauen oft auch noch ihre Jungfräulichkeit verteidigen!


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