Albrecht Dürer jun.: Bildnis eines Jungen (sein Bruder Hans Dürer), 1506
Das Schulwesen
In den Städten des 15. und 16. Jhs. gab es drei verschiedene Schulformen. Da waren zuerst einmal die „geistlichen“ Schulen wie z.B. die Domschule und die Klosterschule, in denen man den Priester- und Klosternachwuchs ausbildete. Als Alternative zu ihnen bot sich die Lateinschule an, die aber nur für die Jungen zugänglich war. Hier durfte man nur in der lateinischen Sprache - der Gelehrtensprache - kommunizieren. Ja, die Schüler waren sogar verpflichtet, sich auch im Privatbereich ausschließlich des Lateinischen zu bedienen. Andernfalls drohten Strafen. Diese Lateinschulen unterstanden dem städtischen Rat, der sowohl für die Schule als auch für das Lehrpersonal zu sorgen hatte. Die Lehrer waren niedere Geistliche oder Laien, deren Kenntnisse nicht überprüft wurden. Die Schreib- und Rechenschulen stellten die dritte Schulform dar. Besonders die Kaufleute schickten ihre Kinder gern auf diese Schulen, denn außer im Schreiben und Lesen wurde auch in der Mathematik unterrichtet.
Eingeschult wurden die Kinder im Alter von sechs Jahren. Die erste Zeit über wurden sie zur Eingewöhnung mit Backwerk wie Brezeln, Zuckerwerk, Feigen, Rosinen und Mandeln in die Schule geschickt. Die Unterrichtsfächer waren - je nach Schulform - Latein, Kirchengesang, Lesen, Schreiben, Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Geometrie und Arithmetik oder einfach nur Lesen- und Schreibenlernen. Der Unterricht dauerte je nach den Lichtverhältnissen bis zu 12 Stunden. Im Sommer begann er um 5 Uhr morgens und endete um 5 Uhr abends. Neben dem Lehrer gab es eine unterschiedliche Anzahl von Helfern. Die Kinder selbst waren in mehrere Gruppen eingeteilt. Ein Wechsel von einer Gruppe in eine andere war alle Vierteljahre je nach den Lernerfolgen möglich. Schüler wie Lehrer hatten zudem nicht nur regelmäßig in der Schule zu erscheinen, sondern mußten auch an den Gottesdiensten und Leichenbegängnissen teilnehmen.
Der Sadismus der Lehrer war sprichwörtlich. So schlugen sie die Kinder nicht nur ausgiebig mit ihren Ruten, sondern ließen betroffene Schüler oft stundenlang auf Erbsen knien, am Schulpranger stehen, schwere Latten tragen, schmutziges Spülwasser trinken oder aus dem Hundetrog essen. Selbst Martin Luther († 1546) konnte davon ein Lied singen: „Da kriegt ein Schulmeister seine Henkersrute aus einem Eimer voll Wasser, haut, peitscht und tummelt den armen Schelm auf Posteriori herum, daß er schreit, daß mans über das dritte Haus hören möchte, hört auch nicht auf, bis dicke Schwülen auflaufen und das Blut herunterläuft. Teils (viele) Schulmeister sind so böse Teufel, daß sie Draht in die Rute flechten oder kehren die Rute um und brauchen das dicke Ende. Auch pflegen sie der Kinder Haare um den Bakel zu wickeln, und sie also damit zu zerren und zu raufen, daß es einen Stein in der Erde erbärmen möchte.“ (in: Max Bauer, ebenda, S. 115/116). Laut eines Zeitgenossen von ihm, Georg Lauterbecken, sind einige Kinder sogar zu Krüppeln geschlagen worden.