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Begegnungen mit Zeitgenossen der Renaissance

Lucas Cranach der Ältere oder Lucas Cranach der Jüngere: Lucas Cranach der Ältere, 1550

Lucas Cranach der Ältere, 1550
Lucas Cranach der Ältere, 1550

Lucas Cranach der Ältere und seine Familie

Lucas Cranach der Ältere, um 1509-12
Abb. 245: Lucas Cranach der Ältere, um 1509

Lucas Maler, der sich selbst "Lucas Cranach" nannte, wurde laut seinem Cousin Matthias Gunderam am 4. Oktober 1472 in Kronach, 24 km östlich von Coburg, als ältestes von mindestens sieben, vielleicht sogar von neun Kindern geboren, von denen außer Lucas nur die folgenden vier Geschwister nicht in ihren ersten Lebensjahren starben: Margarete (1476-1530), Anna (1485-?1577), Kuni (1488-1555) und Mathias (oder Matthäus) (1491/92-1553) (in: Werner Schade, Cranach, a family of Master Painters, New York 1980). Sein Vater, Hans Maler (um 1448-1527/28), war Schilder- und Kartenmaler, Häuseranstreicher und Formenschneider. Von seiner Mutter Barbara (um 1451-1491/92) sind leider außer ihrem Vornamen und ihren ungefähren Lebensdaten keine Informationen überliefert worden. Sie heiratete Hans Maler im Jahr 1471. Die ersten 32 Jahre im Leben des Lucas Cranach (Abb. 245) liegen im Dunkeln. Wir wissen zwar, dass er in der väterlichen Werkstatt ausgebildet worden war, aber nicht, wann er das väterliche Zuhause verlassen hatte und wie lange er zum Beispiel in Gotha als Maler tätig war, wo er seine Gattin Barbara (1477-1540) (in: Peter Moser, Lucas Cranach – Sein Leben, seine Welt und seine Bilder, ebenda, S. 10), eine Tochter des Gothaer Ratsherrn Jobst Brengbier und dessen Gattin Katharina Jahn, kennengelernt und geheiratet hatte. Das Geburtsjahr seiner Gattin lässt eine Heirat der beiden um 1493/94 vermuten. Die Töchter der Patrizier wurden schließlich zu dieser Zeit mit 16 bis 18 Jahren vermählt, oder sie waren bereits als junge Mädchen den Klöstern als zukünftige Nonnen übergeben worden. Seine Früharbeiten zeigen uns auch, dass er in Wien (von 1502 bis 1504) und in Innsbruck tätig gewesen war. Spätestens im Jahr 1505 ließ er sich in Wittenberg nieder, denn zu dieser Zeit trat er die Nachfolge des sächsischen Hofmalers Jacopo de Barbari an und erhielt eine fest- und hochbesoldete Stellung am Hofe der sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen, Johann des Beständigen und Johann Friedrich des Großmütigen. Seine Gattin und seine Kinder sind ihm erst um 1511/12 nach Wittenberg gefolgt, als er hier am Marktplatz sein erstes großes Haus kaufte. Folgende Aufgaben hatte er fortan als Hofmaler der sächsischen Kurfürsten zu erledigen: "Er [Lucas Cranach] musste in Wittenberg leben und arbeiten, nicht nur Gemälde und Kunstwerke liefern, sondern auch Schlösser (z.B. Coburg, Heldburg, Lochau, Torgau) ausstatten, für Feste und Jagden Dekorationen entwerfen, Renndecken für Turniere, Hofgewänder, Kostüme und Karnevalsmasken kreieren, Wappen, Medaillen und Münzen gestalten. Er kümmerte sich aber auch um den Anstrich von Häusern, Zäunen, Schlitten und Wagen. Und hin und wieder musste er eine diplomatische Mission erfüllen." (in: Peter Moser, Lucas Cranach – Sein Leben, seine Welt und seine Bilder, ebenda, S. 27). So führte Lucas Cranach z.B. anlässlich der Hochzeit von Johann dem Beständigen (1468-1532) und dessen zweiter Gattin Margarete von Anhalt (1494-1521) vier Wochen vor der Heirat, die am 13. November 1513 stattfand, mit zehn seiner Gesellen Dekorationsarbeiten auf Schloss Hartenfels aus, was das Brautbett, eine Turnierdecke, Tapeten, Helmzeichen und Wappen betraf. Und selbst noch im Jahr 1532 wird Lucas Cranach für Anstricharbeiten am Zeughaus und an den Schießfenstern und Toren der Befestigung von Wittenberg bezahlt.

Außerdem malte Lucas Cranach für die Cousins der sächsischen Kurfürsten, die sächsischen Herzöge Georg den Bärtigen und Heinrich den Frommen, für Kaiser Maximilian I., für Albrecht von Brandenburg, den Erzbischof von Mainz und Magdeburg und Bischof von Halberstadt, für dessen Bruder und dessen Neffen, die Kurfürsten Joachim I. und Joachim II. von Brandenburg, und für zahlreiche andere hohe und niedere Adlige und für seine Wittenberger Freunde zum Beispiel Martin Luther. Am 6. Januar 1508 verlieh Friedrich III. der Weise seinem Hofmaler Lucas Cranach und dessen Kindern ein Familienwappen mit einer schwarzen, geflügelten und mit einer roten Krone auf dem Haupt versehenen Schlange, die in ihrem Maul einen Rubinring hält, auf gelbem Grund (Abb. 245a). Im selben Jahr traf Lucas Cranach im Juli in Mecheln erneut mit dem Kaiser Maximilian I. und dessen Enkel Karl [V.] zusammen, da ihn sein kurfürstlicher Dienstherr als sein persönlicher Gesandter – nicht zum ersten Mal – in geheimer Mission zu ihnen schickte und er hierbei an der Huldigungsfeier und Schwurleistung des Letzteren, des jungen Erzherzogs und späteren Kaisers Karl V., teilnehmen durfte. Zusammen mit Albrecht Dürer erhielt er hier auch den Auftrag, an dem Pergamentgebetbuch Maximilians I. zu arbeiten.

Abb. 245a: Das Wappen von Lucas Cranach dem Älteren unter einer Porträtzeichnung des Kurfürsten Friedrich III. des Weisen mit der Jahreszahl 1509
Lucas Cranach der Ältere und sein Freund Martin Luther
Abb. 246: Die Freunde: Lucas Cranach der Ältere und Martin Luther

In den 20- bis 40er Jahren versah er die Flugschriften, die Einzelausgaben der Predigten und sämtliche Druckschriften seines Freundes Martin Luther (Abb. 246), dessen Trauzeuge er war und für dessen ältesten Sohn er Taufpate stand, mit Zeichnungen und Bildern. So erschien z.B. im September 1522 Martin Luthers deutsche Übersetzung des Neuen Testamentes mit seinen 21 ganzseitigen Holzschnitten. Dieses Werk wurde bis zum Jahr 1546 in seiner Wittenberger Druckerei 200.000-mal (!) gedruckt.

Barbara Brengbier mit ihren Kindern
Abb. 247: Barbara Brengbier mit einigen von ihren Kindern, um 1509

Seine Gattin, Barbara Brengbier (Abb. 247), schenkte ihm mindestens sechs Kinder, deren Namen und zum Teil auch Lebensdaten erhalten geblieben sind. Es werden vermutlich sehr viel mehr Kinder gewesen sein. Aber die Kindersterblichkeit war im 15. und 16. Jahrhundert noch sehr hoch. Was die Familie von Lucas Cranach dem Älteren angeht, liegt vieles im Dunkeln. Sein ältester Sohn Hans (oder Johann) (Abbn. 248a, 248b und 248c) wurde nach bewährter Tradition nach dem väterlichen Großvater (Hans Maler) genannt. Sein Geburtsjahr ist nicht aktenmäßig erhalten geblieben. Jedoch geben seine Porträts Auskunft, wann er geboren wurde. Er muss im Jahr 1494 oder 1495 das Licht der Welt erblickt haben - auf seinem Porträt (Abb. 248b) ist auf der Rückseite die Aufschrift Anno etatis 14 1509 zu finden -, und er starb am 9. Oktober 1537 während eines Aufenthaltes in Italien in Bologna. Da er 42 oder 43 Jahre alt war, als er starb, wird er mit Sicherheit verheiratet gewesen sein. Leider sind keine Informationen über seine Gattin erhalten geblieben. Im Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris, gibt es ein Bildnis einer Frau (Abb. 249), von ihm erstellt, die seine Gattin darstellen könnte. Die älteste uns bekannte Tochter von Lucas Cranach dem Älteren, Ursula (Abb. 250), wurde zwischen 1502 und 1504 geboren. Von ihrem ersten Gatten, den sie um 1522 geheiratet hatte, kennen wir den Namen ebenfalls nicht. Aber wir besitzen immerhin ein Porträt von ihm (Abb. 251). Im Jahr 1544 vermählte Ursula sich zum zweiten oder dritten Mal. Bei ihrem zweiten oder dritten Gatten handelte es sich um Georg Dasch (1500-1578), den Bürgermeister von Gotha. Um 1505 muss noch ein weiterer Sohn von Lucas Cranach dem Älteren geboren worden sein, der als Kind starb. Der nächste Sohn, von dem die historischen Quellen berichten, Lucas Cranach der Jüngere († 1586) (Abbn. 252a und 252b), erblickte das Licht der Welt am 4. Oktober 1515 (am gleichen Tag wie der Vater). Er sollte die erfolgreiche Malerwerkstatt seines Vaters im Jahr 1544 übernehmen und starb am 25. Januar 1586. Die Tochter Anna († 1577), die Martin Luther als einen ihrer Taufpaten nennen durfte, wurde um 1518/19 geboren. Sie heiratete im Jahr 1550 Caspar Pfreundt (1517-1574). Er war mit Sicherheit nicht ihr erster Gatte. Das jüngste Kind von Lucas Cranach dem Älteren und Barbara Brengbier, ihre Tochter Barbara († 1601), wurde im Jahr 1520 geboren. Einige Biografen von Lucas Cranach dem Älteren behaupten, dass ihre Tochter Anna im Jahr 1527 geboren wurde, wofür sie jedoch keine historischen Quellen vorlegen können. Dies ist wegen des fortgeschrittenen Alters von Barbara Brengbier, die im Jahr 1527 bereits 50 Jahre alt gewesen wäre, sehr zu bezweifeln.

Hans Cranach, der älteste Sohn von Lucas Cranach dem Älteren
Abb. 248a: Hans Cranach, der älteste Sohn von Lucas Cranach, im Alter von 14 Jahren im Jahr 1509
Hans Cranach, der älteste Sohn von Lucas Cranach dem Älteren
Abb. 248b: Hans Cranach, der älteste Sohn von Lucas Cranach, im Alter von 14 Jahren im Jahr 1509
 
Hans Cranach
Abb. 248c: Hans Cranach, der älteste Sohn von Lucas Cranach, in einem Selbstporträt, 1534
Gattin von Hans Cranach
Abb. 249: Die Gattin von Hans Cranach (?), 1534
 
Ursula Cranach
Abb. 250: Ursula Cranach (?), 1522
der Gatte von Ursula Cranach
Abb. 251: Der erste Gatte von Ursula Cranach (?), 1522
 
Lucas Cranach der Jüngere
Abb. 252a: Lucas Cranach der Jüngere im Alter von acht bis zehn Jahren
Lucas Cranach der Jüngere
Abb. 252b: Lucas Cranach der Jüngere, um 1540-43
 
Lucas Cranach der Ältere
Abb. 253: Lucas Cranach der Ältere

Von seinen Zeitgenossen wurde Lucas Cranach der Ältere (Abb. 253) als geistvoll, humorvoll und als "der schnellste" Maler – er lieferte seine Aufträge dank seiner nach dem Muster seiner italienischen Kollegen sehr großen und sehr gut organisierten Malerwerkstatt, in der um die 20 bis 30 Assistenten, Gesellen und Lehrlinge beschäftigt waren, in kürzester Zeit ab – und erster großer deutscher Aktkünstler bezeichnet, der es zudem verstand, ein großes Vermögen anzuhäufen. Seine Gesellen, Lehrlinge und Mitarbeiter waren einer strengen Disziplin unterworfen und hatten seinen Malstil zu kopieren, was es sehr schwer bzw. geradezu unmöglich macht, die Werke ihm oder einem seiner Mitarbeiter zuzuordnen. Von 1519 bis 1545 war er außerdem Ratsherr in Wittenberg, und in den Jahren 1537/38 sowie 1540/41 und 1543/44 wählte man ihn sogar zum Bürgermeister. Als Maler, der Bildnisse schuf, aber auch Gemälde alten Stiles aus den Themenbereichen Bibel, Geschichte und Mythos verkaufte, als Apotheken- und Weinschankbesitzer - den Weinausschank betrieb er seit 1512, und die Apotheke besaß er seit 1520 -, als mehrfacher Haus- und Grundstückbesitzer, Besitzer einer bedeutenden Druckerei und Betreiber eines weit ausgedehnten Papier- und Buchhandels wundert es nicht, dass er laut der Grundsteuerabrechnung von 1528 neben dem kurfürstlichen Kanzler Gregor Brück als der reichste Bürger Wittenbergs bezeichnet wurde. Lucas Cranach der Ältere war in der Tat ein erfolgreicher Unternehmer, der seine Malerwerkstatt mit unzähligen Assistenten, Gesellen und Lehrlingen gefüllt hatte, die seine Aufträge in seinem Namen erfüllten. Von den 400 ihm heute von den Kunsthistorikern noch zugeschriebenen Werken wird nur ein Bruchteil wirklich seiner eigenen Hand entstammt sein.

Dr. Christian Brück
Abb. 254: Dr. Christian Brück

Im Jahr 1550, als das obige Porträt von ihm entstand, war Lucas Cranach dem seit 1547 von Karl V. gefangen gehaltenen Kurfürsten Johann Friedrich dem Großmütigen endlich nach Augsburg gefolgt. Letzterer hatte ihn bereits am 2. August 1547 in einem Brief darum gebeten. Aber Lucas Cranach der Ältere hatte seinem kurfürstlichen Dienstherrn in diesem Fall eine Absage erteilt. In seinem Brief an Johann Friedrich I., geschrieben am 14. August 1547, lesen wir, dass er zurzeit nicht reisen kann, "da ich den Schwindel im Haupt habe und oft vierzehn Tage nicht aus dem Haus kommen kann." (in: Peter Moser, Lucas Cranach – Sein Leben, seine Welt und seine Bilder, ebenda, S. 225). Als der Kaiser den Kurfürsten im Jahre 1552 freiließ, konnte sich Lucas Cranach der Ältere im September wieder zu seinen Kindern nach Weimar begeben, wo seine Tochter Barbara seit ihrer Heirat mit Dr. Christian Brück (Abb. 254) im Jahr 1543 lebte. Auch Lucas Cranach der Jüngere hatte sich hier mit seiner mittlerweile zweiten Gattin, Magdalena Schurff (um 1531-1606), einer Tochter des sächsischen Leibarztes Professor Dr. Augustin Schurff, eingefunden, da in Wittenberg wieder einmal die Pest grassierte. Hier in Weimar starb Lucas Cranach schließlich bei seiner Tochter Barbara und seinem Schwiegersohn Christian Brück am 16. Oktober 1553 im Alter von 81 Jahren. Er wurde auf dem dortigen Jakobsfriedhof beigesetzt. Ob das obige Porträt von ihm oder seinem Sohn Lucas Cranach dem Jüngeren erstellt wurde, kann heute nicht mehr beantwortet werden. Der Stil entspricht eher Lucas Cranach dem Jüngeren. Die früheste historische Quelle, die Auskunft über dieses Gemälde gibt, stammt leider aus dem 17. und nicht dem 16. Jahrhundert. Daher muss sie mit Vorsicht behandelt werden. Laut ihr schenkte der Dresdner Ratsherr und Bürgermeister Gabriel Tzschimmer dieses Porträt des Meisters im Jahr 1676 dem sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. († 1680) mit dem Hinweis, "des alten Lucas Kranachs contrafectisch Brustbild, daran die Jahreszahl 1550 und Aetatis 77 so er selbst gemacht haben soll". (in: Peter Moser, Lucas Cranach – Sein Leben, seine Welt und seine Bilder, ebenda, S. 228). Nach 1707 soll es dem Großherzog Cosimo III. von der Toskana vom König August II. dem Starken (1670-1733) als Geschenk überreicht worden sein.


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