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Begegnungen mit Zeitgenossen der Renaissance

G.B. Moroni: Priorin Lucrezia Cattaneo, 1557

Priorin Lucrezia Cattaneo, 1557
Priorin Lucrezia Cattaneo, 1557

Der moralische Verfall zahlreicher Nonnengemeinschaften

Schon seit dem 14. Jh. war die Disziplin in den Männer- wie Frauenklöstern alles andere als vorbildhaft. In den meisten Frauenklöstern war von „ora et labora“ nichts mehr zu spüren. Die religiösen Pflichten wurden nachlässig ausgeübt, Schreiben und Lesen konnten sowieso nur noch wenige unter ihnen, und die körperlichen Arbeiten erledigte grundsätzlich das Dienstpersonal.

Katharina von Bora
Abb. 255: Katharina von Bora

Kontrollierende Bischöfe bemerkten „eine Tendenz zum Zuspätkommen – besonders zur Messe am frühen Morgen – und zum Weggehen vor Beendigung des Gottesdienstes, oft unter fadenscheinigen Vorwänden. Doch das am meisten verbreitete Übel war, die Messe so schnell wie möglich herunterzuleiern, um sie hinter sich zu bringen: Silben wurden am Wortanfang und Wortende ausgelassen, Wechselgesänge versäumt, so daß eine Seite des Chores schon die zweite Hälfte des Gesanges anstimmte, noch bevor die andere die erste Hälfte beendet hatte. Sätze wurden vor sich hingemurmelt und teilweise verschluckt.“ (in: Eileen Power: Als Adam grub und Eva spann, wo war da der Edelmann? Das Leben der Frau im Mittelalter, Berlin 1984, S. 122)

Zudem wurde in den Nonnenklöstern getanzt, getrunken und gefeiert. Obwohl der Besitz persönlichen Eigentums strikt verboten war, besaßen die Nonnen, ob Alt oder Jung, goldene Haarnadeln, Silbergürtel, edelsteinbesetzte Ringe, Schnürschuhe, geschlitzte Überröcke, lange Schleppen, kostbare Röcke in grellen Farben und Pelze. Auch auf Kuscheltierchen wurde nicht verzichtet. So hielt man Hunde, Katzen, Vögel, Eichhörnchen, Kaninchen und sogar Affen.

Im Kloster Birkenfels im Ansbachschen gingen die Nonnen 1544 sogar zum Tanz in die Dorfschenke oder abends zur Zeche. Bei einer 1563 vorgenommenen Untersuchung der 88 österreichischen Klöster zählte man 387 Mönche und 86 Nonnen. Die 387 Mönche unterhielten in ihren Gotteshäusern 237 Konkubinen und 49 Ehefrauen. Die 86 Nonnen brachten 50 Kinder auf die Welt.

Im Kloster Kiernberg hatte ein einziger Mönch 14 Kinder gezeugt.

Martin Luther, um 1532
Abb. 256: Martin Luther, um 1532

Zur Entschuldigung all dieser Nonnen und Mönche muß erwähnt werden, daß die meisten von ihnen von den Eltern zum Klosterleben gezwungen und nie nach ihren eigenen Wünschen gefragt worden waren. In der Reformationszeit verließen deshalb viele Nonnen und Mönche ihre „Gefängnisse“ und versuchten, sich ein bürgerliches Leben aufzubauen. Katharina von Bora (Abb. 255), eine ehemalige Zisterzienserin z.B., wurde die Gattin von Martin Luther (Abb. 256), dem ehemaligen Augustinerchorherren.

Bei den Nonnen stellten sich, nachdem sie ihre Klöster verlassen hatten, z.T. große Probleme ein. Falls ihre Eltern sie nämlich nicht zu Hause wieder aufnehmen wollten, konnten sie nur hoffen, sobald wie möglich einen Ehemann zu finden, der sie versorgte, oder sobald wie möglich als Lehrerin oder Magd eingestellt zu werden, um selbst ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Gelang ihnen das nicht, rutschten sie schnell in die Prostitution ab. So geschah es 1526 auch in Nürnberg, als das berühmte St.-Claren-Kloster aufgelöst wurde. Einige Frauen landeten vom Kloster direkt ins Freudenhaus.


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