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Begegnungen mit Zeitgenossen der Renaissance

Alessandro Allori: Maria de' Medici, um 1588

Maria de' Medici, um 1588

Maria de' Medici

Maria de' Medici wurde als sechstes Kind von acht Kindern des Großherzogs von der Toskana, Francesco I. de' Medici (1541-1587) (Abb. 280), und seiner ersten Gattin, der Erzherzogin Johanna von Österreich (1547-1578) (Abb. 281), am 26. April 1575 geboren. Sie wurde nicht am 26. April 1573 geboren, wie sehr häufig zu lesen ist. Ihre Schwester Lucrezia († 1574) erblickte am 7. November 1572 das Licht der Welt. Johanna von Österreich hätte Maria dann nach einer fünfmonatigen Schwangerschaft auf die Welt bringen müssen. Wie ihre Schwestern Eleonore (1567-1611) und Anna (1569-1584/85) wurde sie mit großer Sorgfalt erzogen. Nachdem ihre Mutter bereits am 11. April 1578 das Zeitliche gesegnet hatte, war ihre Stiefmutter Bianca Capello (1548-1587) für ihre Erziehung verantwortlich. Diese erwies sich zeit ihres Lebens als eine fürsorgende, herzliche Ersatzmutter. Maria, die als Kind und junges Mädchen als liebenswert, heiter und graziös beschrieben wurde, wurde zusammen mit ihren Schwestern, ihrem Halbbruder Antonio de' Medici (1576-1621) und den beiden Kindern ihrer Tante Isabella de' Medici († 1576), ihrer Cousine Eleonore Orsini (1571-1634) und ihrem Cousin Virginio Orsini (1572-1615), in den Sieben Künsten: Grammatik, Rhetorik, Logik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie, und in der Philosophie, Geschichte, Chemie, Botanik und in der Malerei, Bildhauerei und der Kupferstecherei ausgebildet. Sie spielte schließlich die Laute perfekt und galt als eine gute Amateurzeichnerin und als eine hervorragende Rednerin, die in Wortduellen sehr häufig als Siegerin hervorging. Als Erwachsende hatte sie eine besondere Vorliebe für die Musik, die Poesie, die Malerei und das Theater. Nach dem Tod ihres Vaters und ihrer Stiefmutter im Jahr 1587 wuchs sie bei ihrem Onkel Ferdinand I. de' Medici (Abb. 282) und dessen Gattin Christina von Lothringen auf, von der sie in der französischen Sprache unterrichtet werden konnte. Denn seit 1592 war als ihr Gatte der französische König Heinrich IV. (1553-1610) (Abb. 283) im Gespräch. Im Alter von 25 Jahren wurde sie schließlich dessen Gattin. Die Hochzeit fand per procurationem (mit einem Stellvertreter des Bräutigams) in Florenz am 5. Oktober 1600 statt. Am 13. Oktober 1600 verließ sie ihre Heimatstadt Florenz und traf mit Schiffen am 3. November 1600 in Frankreich ein. Ihren Gatten lernte sie am 9. Dezember in Lyon kennen, eine Begegnung, die unvergesslich wurde, denn Maria fiel wegen des Gestankes ihres Mannes in Ohnmacht. Heinrich IV. galt als der dreckigste und am meisten stinkende König des Abendlandes. Die richtige Hochzeit von Maria und Heinrich IV. fand schließlich am 27. Dezember 1600 in Lyon statt.

Francesco I. de' Medici
Abb. 280: Francesco I. de' Medici, Großherzog der Toskana
Johanna von Österreich
Abb. 281: Johanna von Österreich
 
Ferdinand I. de' Medici
Abb. 282: Ferdinand I. de' Medici, Großherzog der Toskana
König Heinrich IV. von Frankreich
Abb. 283: König Heinrich IV. von Frankreich

Heinrich, ihr Gatte, wurde von seinen Zeitgenossen als gutmütig, leutselig, bestechend liebenswürdig, religiös indifferent, aber unzuverlässig beschrieben. Zudem stank er, der sich sowieso selten wusch, ständig nach Knoblauch, Schweißfüßen und Schießpulver, was seinem Liebesleben jedoch anscheinend nicht schadete. Denn er stand im Rufe, ein liebestoller Schürzenjäger gewesen zu sein. In erster Ehe war er 1572 mit der jüngsten Tochter Katharina de' Medicis, Marguerite (Abb. 284), verheiratet worden, die ihm jedoch keine Kinder geschenkt hatte. Deshalb ließ er sich von ihr scheiden und heiratete Maria de' Medici, ohne jedoch zugleich seine vielen Mätressen aufgeben zu wollen. Heinrich war in Maria zweifellos aufrichtig verliebt, aber er konnte nicht treu sein. So ging es an seinem Hof wie bei einem Türkenherrscher zu. Sämtliche illegitimen Kinder, die er allesamt abgöttisch liebte, ließ er in seinem Schloss Saint-Germain aufziehen.

Marguerite de Valois
Abb. 284: Marguerite de Valois
Henriette d´Entragues
Abb. 285: Henriette d'Entragues

Marias gehässigste Nebenbuhlerin war Henriette d'Entragues (Abb. 285), die Marquise de Verneuil, die in aller Öffentlichkeit Marias schweren Gang nachäffte und ihr den Spitznamen „dickes Bankierweib“ verpasste. 1601 brachten die beiden sich abgrundtief hassenden Frauen fast gleichzeitig ihren ersten Sohn auf die Welt. Marias Sohn Ludwig XIII. (Abb. 286), der seinem Vater als legitim geborener Sohn auf dem Thron folgen konnte, wurde am 27. September 1601 geboren. Während ihre Konkurrentin Heinrich IV. aber nur insgesamt drei Kinder gebar, konnte Maria stolz auf ihre sechs Kinder verweisen. Am 20. Dezember 1602 oder am 22. November 1603 brachte sie ihre Tochter Elisabeth (Abb. 287) auf die Welt, die später mit Philipp IV. von Spanien verheiratet werden sollte, am 10. Februar 1606 ihre Tochter Christine, am 16. April 1607 ihren Sohn Heinrich (Abb. 288), am 25. April 1608 ihren Sohn Gaston (Abb. 289) und am 26. November 1609 ihre Tochter Henriette Maria (Abb. 290), die die Gemahlin des englischen Königs Karl I. (Abb. 291) werden sollte.

Ludwig XIII. von Frankreich
Abb. 286: Ludwig XIII. von Frankreich
Heinrich IV. mit Gattin und seinen beiden ältesten Kindern
Abb. 287: Heinrich IV. mit Gattin, seinen beiden ältesten Kindern, Ludwig XIII. und Elisabeth, deren Amme und einigen Höflingen
 
Heinrich IV. mit Gattin und seinen ersten vier Kindern
Abb. 288: Heinrich IV. mit Gattin und seinen ersten vier Kindern, Ludwig XIII., Elisabeth, Christine und Heinrich
Gaston d´Orleans
Abb. 289: Gaston d'Orleans
 
Henriette Maria von Frankreich
Abb. 290: Henriette Maria von Frankreich
Karl I. von England
Abb. 291: Karl I. von England

Am 13. Mai 1610 wurde Maria in der Kathedrale von Saint-Denis zur Königin von Frankreich gekrönt, um während der Abwesenheit ihres Gatten, der wegen des Erbstreites im Herzogtum Jülich-Kleve-Berg in den Krieg ziehen wollte, als seine Stellvertreterin zusammen mit einem Rat, der aus 15 Leuten (Herzögen, Kardinälen und Ministern) bestand, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen (Abb. 292). Es kam jedoch anders, als erwartet. Schon einen Tag später, am 14. Mai 1610, erdolchte ein fanatischer Katholik namens Ravaillac ihren Gatten. Es war der mittlerweile 18. Attentatsversuch gegen Heinrich IV., der in diesem Fall tödlich für ihn endete. Maria de' Medici wurde am 15. Mai 1610 vom Parlement von Paris zur Regentin des noch unmündigen nächsten französischen Königs, ihres achtjährigen Sohnes Ludwig XIII., bestimmt. Man gewährte ihr die alleinige Machtbefugnis über das französische Königreich. Durch ihren Erzfeind, den Kardinal Richelieu, dessen Aufstieg sie einst selbst ermöglicht hatte, und seine unzähligen Anhänger haben wir heute ein völlig falsches Bild von Maria de' Medici. Von diesen wurde sie als klein, untersetzt, kontaktarm, egoistisch, verstockt, uneinsichtig, äußerst beschränkt, despotisch, nicht besonders lebhaft, sehr prunksüchtig, sehr verschwendungssüchtig, als ehrgeizig und als eine gefühllose Mutter beschrieben. Außerdem soll sie sehr schnell und sehr leicht zu beeinflussen gewesen sein. Eine Zeitgenossin von Maria, Louise Boursier, die die französische Königin persönlich kannte, war der Meinung, dass Marias "Freundlichkeit stets außergewöhnlich groß" war. Sie gab sehr viel Geld für karitative Zwecke aus und ließ zahlreiche Krankenhäuser gründen, als sie an der Macht war. Helga Hübner und Eva Regtmeier kamen nach ihren Studien über Maria de' Medici zum Ergebnis, dass Letztere als Regentin die Politik ihres ermordeten Gatten fortsetzen wollte, d. h., sie wollte wie dieser die Monarchie in Frankreich nach innen und außen festigen, was bedeutete, dass sie sich gegen die Ansprüche des hohen französischen Adels wehrte und dass sie etwas gegen die Umklammerung ihres Königreiches durch die Habsburger unternehmen wollte. Sie war eine fähige Politikerin, die im Gegensatz zu Richelieu die Probleme in ihrem Reich nicht durch die Waffen, sondern mit Hilfe der Diplomatie (Heirat zweier ihrer Kinder mit dem spanischen Habsburgerhaus) und durch innenpolitische Reformen lösen wollte (in: Helga Hübner und Eva Regtmeier, Maria de' Medici – Eine Fremde – Florenz, Paris, Brüssel, London, Köln; Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford und Wien 2010, S. 58, 80-82). Ihr wurde hierzu nicht die Chance gegeben.

Heinrich IV. erklärt seine Gattin Maria de´ Medici im Falle seines Todes zur Regentin ihres Sohnes Ludwig XIII.
Abb. 292: Heinrich IV. erklärt seine Gattin Maria de' Medici im Falle seines Todes zur Regentin ihres Sohnes Ludwig XIII.
Kardinal Richelieu
Abb. 293: Kardinal Richelieu in drei Ansichten!

Im Machtkampf zwischen ihr und ihrem ehrgeizigen Sohn Ludwig XIII. verlor Maria nämlich im Jahr 1617 ihre einflussreiche Position. Ihr Gatte hatte sie schon früher des Öfteren gewarnt, "dass er Schlimmstes fürchtete: wenn er einmal nicht mehr wäre, würde der Sohn (Ludwig XIII.) seine Mutter malträtieren" (in: Helga Hübner und Eva Regtmeier, ebenda, S. 84). Ihr Sohn, der französische König Ludwig XIII., schob sie in das Schloß Blois an der Loire ab. Nur mit Hilfe von Armand Jean du Plessis Richelieu († 1642) (Abb. 293), der ihre Feinde beseitigte bzw. verdrängte, erlangte Maria de' Medici im Jahr 1620 zumindest ihre Freiheit wieder zurück. Ihr Sohn schloss sie jedoch an der Teilnahme an der Regierung aus. Aber schon bald begann es, nicht nur zwischen Mutter und Sohn, sondern auch zwischen Maria und Richelieu zu kriseln. Im Jahre 1630 verbündete sich ihr Sohn Ludwig schließlich mit Richelieu gegen sie. Maria tat sich in diesem neuen Machtkampf mit ihrem jüngsten Sohn Gaston zusammen. Letztere gingen als Verlierer aus dieser politischen Auseinandersetzung hervor.

Maria de´ Medici, um 1622
Abb. 294: Maria de' Medici, um 1622

Richelieu und Ludwig XIII., die Marias ständige Einmischungen, wie sie es sahen – zum Nachteil Frankreichs –, nicht weiter dulden wollten, gingen daraufhin mit vereinten Kräften gegen sie vor. Dieser blieb schließlich nur die Flucht (am 18. Juli 1631). In Brüssel, ihrem ersten Exil erfuhr sie, dass man ihr in Frankreich am 12. August 1631 Hochverrat vorwarf und ihre Person deshalb ächten und ihren Besitz beschlagnahmen ließ. Nach der Verkündigung dieses Gerichtsurteils wollte sie kein fremdes Land mehr für längere Zeit bei sich aufnehmen, und so suchte Maria (Abb. 294) Exil zuerst in den spanischen Niederlanden (von 1631 bis 1638), dann in den Vereinigten Provinzen von Holland (1638), dann in England (von 1638 bis 1641), bis sie letztendlich am 12. Oktober 1641 in Köln einen bescheidenen Unterschlupf in der Sternengasse 10 fand, in dem ihr großer Maler, Peter Paul Rubens, von 1583 bis 1589 ebenfalls gelebt hatte. Hier starb sie am 3. Juli 1642 zwischen zwölf und ein Uhr mittags an den Folgen eines Wundbrandes am Bein. Nach dem Tod des Kardinals Richelieu am 4. Dezember 1642, der sich bis zuletzt geweigert hatte, die Überführung der sterblichen Überreste Marias nach Frankreich zu gewähren, trat Letztere am 9. Februar 1643 ihre Heimreise an. Am 4. März 1643 wurde sie in Saint-Denis neben ihrem Gatten, dem französischen König Heinrich IV., beigesetzt. Für Helga Hübner und Eva Regtmeier war Maria de' Medici eine bedeutende Wegbereiterin für das Zeitalter des Sonnenkönigs Ludwig XIV.: „Mit ihr begann das Grand Siècle, das große Jahrhundert Frankreichs. Heute kann man von einer „Epoche“ Marias de' Medici sprechen, die in ihrer Politik und ihrem Mäzenatentum das auf den Weg brachte, was Ludwig XIV. aufnahm und weiterführte: in einer künstlerischen und kulturellen Hochblüte sich widerspiegelnd, erreichte der absolutistische Staat seinen Zenith. Sie was eine seiner Wegbereiterinnen. Ludwig XIV. bestätigte es ihr, hatte er doch erkannt, dass die Früchte, die er erntete, aus der Saat hervorgingen, die Maria de' Medici angelegt hatte.“ (in: Helga Hübner und Eva Regtmeier, ebenda, S. 240).

P.S.: Das obige Porträt von Maria de' Medici, das um 1588 erstellt wurde, wird im Kunsthistorischen Museum in Wien fälschlicherweise als Bildnis ihrer gleichnamigen Tante Maria de' Medici (1540-1557) (Abb. 295) geführt. Mit Sicherheit handelt es sich bei ihr auch nicht um die von der kanadischen Kunsthistorikerin Gabrielle Langdon vorgeschlagene Eleonore von Toledo (1553-1576) (Abb. 296), die, um sie von ihrer gleichnamigen Tante, der Großherzogin von der Toskana, Eleonore von Toledo, unterscheiden zu können, unter ihrem Spitznamen „Dianora“ in die Geschichte einging. Wie das Gesicht der obigen Dargestellten mit aller Deutlichkeit zeigt, handelt es sich bei ihr nämlich um eine Medici. Die Kleidung weist zudem auf die 80er und 90er Jahre des 16. Jahrhunderts hin. Weitere Bildnisse finden Sie auf ihrer Stammtafel in Bildern.

Maria de' Medici (1540-1557) und ihr Bruder Antonio
Abb. 295: Maria de' Medici, Cosimos älteste Tochter, mit ihrem Bruder Don Antonio, um 1557/58
Eleonore von Toledo
Abb. 296: Eleonore von Toledo, Gattin von Pietro de' Medici – Eleonore ist eine Urenkelin der mailändischen Herzogin Isabella von Aragon und ihres zweiten Gatten, des berühmten Malers Leonardo da Vinci

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