Bianca Maria Visconti (1425-1468) - Die Stammmutter der Sforza (Buchauszug)
Das Schicksal hatte es mit dem letzten Sprössling des berühmten italienischen Herrscherhauses der Visconti, der mailändischen Prinzessin Bianca Maria, sehr gut gemeint. Obwohl ihr Vater, der mailändische Herzog Filippo Maria Visconti, eine Frau, die weit unter seines Standes war, Bianca Marias Mutter Agnese del Maino, geheiratet hatte ‒ es handelte sich um eine der vielen heimlichen Eheschließungen der hohen adligen Herren und Damen des 15. und 16. Jahrhunderts ‒ und Bianca Maria hierdurch erbrechtlich eigentlich als seine Nachfolgerin ausgeschlossen war und wie so viele Töchter, die aus solchen standesgemäß ungleichen Ehen hervorgegangen waren, als Gattin eines treuen Beamten oder bürgerlichen/kleinadligen Gefolgsmannes ihres Vaters völlig in Vergessenheit hätte geraten können, war sie aus politisch-militärischen Gründen bereits als Sechsjährige mit dem größten Söldnerführer und Kriegsmann ihrer Zeit, dem 30-jährigen Francesco Sforza, verheiratet worden. Auch wenn ihr Vater diese Heirat im Jahr 1432 nur als Mittel zum Zweck benutzt hatte, da er den Söldnerführer und dessen Truppe im Krieg gegen seinen Erzfeind Venedig dringend benötigte, so sah sich der mailändische Herzog jedoch im Jahr 1441 aus ebenfalls politisch-militärischen Gründen schließlich gezwungen, sein einziges Kind als Gemahlin an Francesco Sforza auszuhändigen. Bianca Maria Visconti sollte an der Seite ihres Gatten, den sie über alles liebte, trotz so vieler Hindernisse in ihrem Leben letztendlich die Nachfolge ihres Vaters antreten und zu einer der beliebtesten Herrscherinnen des mailändischen Volkes werden. Da sie aus propagandistischen Gründen zudem die besten Maler ihrer Zeit eingestellt hatte, die unzählige Porträts von ihr, ihrem Gemahl und ihren acht Kindern zumeist in biblischen Szenen erstellten, sind selbst noch heute – mehr als 550 Jahre nach ihrem Tod – Hunderte von Bildnissen von ihr und ihrer Familie erhalten geblieben. Hierdurch sind die Mitglieder des mailändischen Herrscherhauses der Sforza, deren Stammmutter Bianca Maria Visconti ist, in der Tat unsterblich geworden. Die faszinierende Geschichte dieser mailändischen Dynastie, ihr steiler Auf- und schließlich unglücklicher Abstieg, ihre Intrigen, ihre Liebesgeschichten, ihre glanzvollen Auftritte und ihr alltägliches Leben – alles wurde von den zeitgenössischen Chronisten und Malern festgehalten –, fesselt noch heute jeden, der sich mit den Sforza beschäftigt, seien es Historiker, Kunsthistoriker, Fachleute der Tarot-Karten (die Visconti und die Sforza waren sehr an der Astrologie interessiert) oder Laien, die sich für die Geschichte der Renaissance und/oder die herrlichen Gemälde aus dieser einzigartigen Epoche interessieren.
Der großen mailändischen Herzogin Bianca Maria Visconti soll dieser erste Band der dreiteiligen Sforza-Reihe gewidmet sein. Sie war nicht nur eine der hervorragendsten Politikerinnen und Diplomatinnen ihrer Zeit, sondern wurde wegen ihrer Freigiebigkeit, Höflichkeit und Gerechtigkeit von ihren Untertanen sogar wie eine Heilige geliebt und verehrt. Zusammen mit ihrem Gatten Francesco Sforza, an dessen Seite sie als gleichberechtigte Partnerin das mailändische Herzogtum regierte, schuf sie ein Reich, das, obwohl es bereits 50 Jahre später unter ihrem Sohn Lodovico il Moro dem Untergang geweiht war, nie der Vergessenheit anheimfallen sollte.
Im Anhang 3 dieses Buches finden Sie, liebe Leser und Leserinnen, außerdem die wichtigsten Symbole bzw. Embleme der mailändischen Herrscherhäuser der Visconti und der Sforza aufgelistet ‒ es gibt mindestens 36 Symbole, die die Visconti verwendeten, und mindestens 50 Symbole, die von den Sforza benutzt wurden ‒, anhand derer die Porträts besonders der Mitglieder der letzteren Dynastie leicht zu identifizieren und zeitlich einzuordnen sind.
Obiger Text ist ein Auszug aus meinem Buch Die Frauen der Sforza I: Bianca Maria Visconti – Die Stammmutter der Sforza.
Abbildungen von Bianca Maria Visconti finden Sie in ihrem Bilderkatalog.