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Frauenschicksale aus dem 15. und 16. Jahrhundert

Maria de' Medici (1575-1642) - Die ehrgeizige französische Königin, die alles verlor

Maria de' Medici
Abb. 90: Alessandro Allori: Maria de' Medici, um 1588

Maria de' Medici (Abb. 90) wurde als jüngste Tochter von acht Kindern des Großherzogs der Toskana, Francesco Maria de' Medici (1541-1587) (Abb. 91), und seiner ersten Gattin, der Erzherzogin Johanna von Österreich (1547-1578) (Abb. 92), am 26. April 1575 geboren. Im Alter von 25 Jahren verheiratete ihr Onkel Ferdinand I. (Abb. 93), der Nachfolger ihres Vaters, sie mit dem fast 20 Jahre älteren Heinrich IV. von Frankreich (Abb. 94). Die Hochzeit fand per procurationem (mit einem Stellvertreter des Bräutigams) in Florenz am 26. April 1600, die tatsächliche mit Heinrich IV. am 27. Dezember 1600 in Lyon statt.

Heinrich, ihr Gatte, wurde von seinen Zeitgenossen als gutmütig, leutselig, bestechend liebenswürdig, religiös indifferent, aber unzuverlässig beschrieben. Zudem stank er, der sich sowieso selten wusch, ständig nach Knoblauch, Schweißfüßen und Schießpulver, was seinem Liebesleben jedoch anscheinend nicht schadete. Denn er stand im Rufe, ein liebestoller Schürzenjäger gewesen zu sein. In erster Ehe war er 1572 mit der jüngsten Tochter Katharina de' Medicis, Marguerite (Abb. 95), verheiratet worden, die ihm jedoch keine Kinder geschenkt hatte. Deshalb ließ er sich von ihr scheiden und heiratete Maria de'Medici, ohne jedoch gleich seine vielen Mätressen aufgeben zu wollen. Heinrich war in Maria zweifellos aufrichtig verliebt, aber er konnte nicht treu sein. So ging es an seinem Hof wie bei einem Türkenherrscher zu. Sämtliche illegitimen Kinder, die er allesamt abgöttisch liebte, ließ er in seinem Schloß Saint-Germain aufziehen.

 
Francesco Maria I. de' Medici
Abb. 91: Francesco Maria I. de' Medici, Großherzog der Toskana
Johanna von Österreich
Abb. 92: Johanna von Österreich
Ferdinand I. de' Medici
Abb. 93: Ferdinand I. de' Medici, Großherzog der Toskana
 
Heinrich IV. von Frankreich
Abb. 94: Heinrich IV. von Frankreich
Marguerite de Valois
Abb. 95: Marguerite de Valois
Henriette d'Entragues
Abb. 96: Henriette d'Entragues

Marias gehässigste Nebenbuhlerin war Henriette d'Entragues (Abb. 96), die Marquise de Verneuil, die in aller Öffentlichkeit Marias schweren Gang nachäffte und ihr den Spitznamen „dickes Bankierweib“ verpaßte. 1601 brachten die beiden sich abgrundtief hassenden Frauen fast gleichzeitig ihren ersten Sohn auf die Welt. Marias Sohn Ludwig XIII. (Abb. 97), der seinem Vater als legitim geborener Sohn auf dem Thron folgen konnte, wurde am 27.9.1601 geboren. Während ihre Konkurrentin Heinrich IV. aber nur insgesamt drei Kinder gebar, konnte Maria stolz auf ihre sechs Kinder verweisen. 1602 brachte sie ihre Tochter Elisabeth (Abb. 98) auf die Welt, die später mit Philipp IV. von Spanien verheiratet werden sollte, 1606 Christine, 1607 Heinrich (Abb. 99), 1608 Gaston (Abb. 100) und 1609 Henriette Maria (Abb. 101), die die Gemahlin des englischen Königs Karl I. (Abb. 102) werden sollte.

Ludwig XIII. von Frankreich
Abb. 97: Ludwig XIII. von Frankreich
Heinrich IV.
Abb. 98: Heinrich IV. mit Gattin, seinen beiden ältesten Kindern, Ludwig XIII. und Elisabeth, deren Amme und einigen Höflingen
Heinrich IV. und Familie
Abb. 99: Heinrich IV. mit Gattin und seinen ersten vier Kindern, Ludwig XIII., Elisabeth, Christine und Heinrich [großes Bild]
Gaston d'Orleans
Abb. 100: Gaston d'Orleans
Henriette Maria von Frankreich
Abb. 101: Henriette Maria von Frankreich
 
Karl I. von England
Abb. 102: Karl I. von England
Heinrich IV. und Maria de' Medici
Abb. 103: Heinrich IV. erklärt seine Gattin Maria de' Medici im Falle seines Todes zur Regentin ihres Sohnes Ludwig XIII.

Am 13.5.1610 wurde Maria zur Königin von Frankreich gekrönt, um beim Todesfall ihres Mannes als Regentin den noch unmündigen Sohn Ludwig vertreten zu können (Abb. 103). Schon einen Tag später erdolchte ein fanatischer Katholik ihren Gatten. Es war der mittlerweile 18. Attentatsversuch gegen Heinrich IV., der in diesem Fall tödlich für ihn endete. Maria, die nun die Regentschaft für ihren Sohn übernahm, wurde von ihren Zeitgenossen als klein, untersetzt, kontaktarm, despotisch, nicht besonders lebhaft, sehr prunksüchtig und als ehrgeizig beschrieben. Sie soll einen zarten, hellbraunen Teint, aber ein stumpfes, ausdrucksloses Gesicht gehabt und Alkohol, üppige Tafeln, prächtige Feste und Kunstwerke aller Art geliebt haben. Außerdem war sie sehr schnell und leicht zu beeinflussen. Wir dürfen allerdings nicht vergessen, daß die Informationen über Maria de' Medici hauptsächlich von ihren Feinden stammten. Eine Zeitgenossin von ihr, Louise Boursier, die die französische Königin persönlich kannte, war der Meinung, dass Marias "Freundlichkeit stets außergewöhnlich groß" war.

Im Machtkampf zwischen ihr und ihrem Sohn verlor Maria mit ihren Anhängern im Jahr 1617 ihre einflußreiche Position. Ihr Sohn, der französische König Ludwig XIII., schob sie in das Schloß Blois an der Loire ab. Nur mit Hilfe von Armand Jean du Plessis Richelieu († 1642) (Abb. 104), der ihre Feinde beseitigte bzw. verdrängte, gelangte Maria de´Medici wieder neben ihrem Sohn an die Schalthebel der Macht. Aber schon bald begann es nicht nur zwischen Mutter und Sohn, sondern auch zwischen Maria und Richelieu zu kriseln. Im Jahre 1630 verbündete sich ihr Sohn Ludwig schließlich mit Richelieu gegen sie. Maria tat sich in diesem neuen Machtkampf mit ihrem jüngsten Sohn Gaston zusammen. Letztere gingen als Verlierer aus dieser politischen Auseinandersetzung hervor.

Richelieu
Abb. 104: Richelieu in drei Ansichten!
Maria de' Medici
Abb. 105: Maria de' Medici, um 1622

Richelieu und Ludwig XIII., die Marias ständigen Einmischungen, wie sie es sahen – zum Nachteil Frankreichs –, nicht weiter dulden wollten, gingen daraufhin mit vereinten Kräften gegen sie vor. Dieser blieb nur die Flucht. In Brüssel, ihrem ersten Exil erfuhr sie, daß man ihr in Frankreich am 12.8.1631 Hochverrat vorwarf und ihre Person deshalb ächten und ihren Besitz beschlagnahmen ließ. Nach der Verkündigung dieses Gerichtsurteils wollte sie kein fremdes Land mehr für längere Zeit bei sich aufnehmen, und so vagabundierte Maria (Abb. 105) zwischen den Niederlanden, der Schweiz und London hin und her, bis sie letztendlich in Köln einen bescheidenen Unterschlupf fand. Als einsame Frau starb sie dort am 3.7.1642.

Maria de' Medici (1540-1557) mit ihrem Bruder Antonio
Abb. 106: Maria de' Medici, Cosimos I. älteste Tochter und eine Tante von Maria de' Medici, der Königin von Frankreich, mit ihrem Bruder Don Antonio, um 1557/58
Eleonore von Toledo
Abb. 107: Eleonore von Toledo, Gattin von Pietro de' Medici – Eleonore ist eine Urenkelin der mailändischen Herzogin Isabella von Aragon und ihres zweiten Gatten, des berühmten Malers Leonardo da Vinci

P.S.: Das obige Porträt von Maria de' Medici (Abb. 90), das um 1588 erstellt wurde, wird im Kunsthistorischen Museum in Wien fälschlicherweise als Bildnis ihrer gleichnamigen Tante Maria de' Medici (1540-1557) (Abb. 106) geführt. Mit Sicherheit handelt es sich bei ihr auch nicht um die von der kanadischen Kunsthistorikerin Gabrielle Langdon vorgeschlagene Eleonore von Toledo (1553-1576) (Abb. 107), die, um sie von ihrer gleichnamigen Tante, der Großherzogin von der Toskana, Eleonore von Toledo, unterscheiden zu können, unter ihrem Spitznamen „Dianora“ in die Geschichte einging. Wie das Gesicht der obigen Dargestellten mit aller Deutlichkeit zeigt, handelt es sich bei ihr nämlich um eine Medici. Die Kleidung weist zudem auf die 80er und 90er Jahre des 16. Jahrhunderts hin.

Wenn Sie einen Blick auf die Stammtafel und somit auf die Vorfahren und Nachkommen von Maria de' Medici werfen möchten, dann schauen Sie sich bitte folgende meiner Webseiten an: Die Stammtafel der Medici in Bildern und Die Stammtafel der Bourbonen.


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