Vergessen Sie alles, was man Ihnen in der Vergangenheit über Maria de' Medici (1575-1642) erzählt hat. Ihre Gegner hatten sie als gefühllose Mutter, lieblose Gattin und unfähige Regentin in die Geschichte eingehen lassen wollen (was ihnen auch für viele Jahrhunderte gelang). Sie sei - so lesen wir bei ihren Feinden und den Historikern, die von diesen fleißig abgeschrieben hatten -, von "Ehrgeiz, Eigensucht und Intriganz getrieben, verstockt und uneinsichtig, allen wohlmeinenden Ratschlägen verschlossen und prunksüchtig, [und] äußerst beschränkt" gewesen, habe eine Vorliebe für Schmuck, bestickte Seidenkleider und große Auftritte gehabt und litt unter Verschwendungssucht. (in: Helga Hübner und Eva Regtmeier: Maria de' Medici – Eine Fremde, Florenz, Paris, Brüssel, London, Köln, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford und Wien 2010, S. 9, 16, 23).
Wir haben es der gründlichen Arbeit von Helga Hübner und Eva Regtmeier zu verdanken, dass wir nun die richtige Maria de' Medici kennenlernen dürfen. Maria wurde von ihren Zeitgenossen als eine heitere, graziöse und liebenswerte Person dargestellt, die allerdings würdevolles Auftreten zeigte - sie war sich ihrer Herkunft von den Habsburgern mütterlicherseits sehr bewusst - und die leidenschaftlich Kunstwerke und schöne Gegenstände sammelte. Wie ihre älteren Schwestern Eleonore (1567-1611) und Anna (1569-1584/85) war sie von ihrer frühen Kindheit an mit großer Sorgfalt erzogen und auf ihre dynastische Aufgabe als zukünftige Herrscherin an einem europäischen Hof vorbereitet worden. Durch ihren Vater wurde in ihrer Erziehung nicht nur auf die Unterrichtung in der Kunst, sondern auch in den Naturwissenschaften großer Wert gelegt. Zu ihren Unterrichtsfächern gehörten somit Philosophie, Mathematik, Astronomie, die sieben Artes liberales, Chemie, Botanik und Geschichte. Außer mit ihren Schwestern wurde sie noch zusammen mit ihrem Halbbruder Antonio de' Medici (1576-1631), ihrer Cousine Eleonore Orsini (1571-1634) und ihrem Cousin Virginio Orsini (1572-1615) erzogen und unterrichtet. Die Erziehung und Unterrichtung überwachte übrigens ihre Stiefmutter Bianca Capello mit großer Aufmerksamkeit und viel Einfühlungsvermögen. Ihr Umgang mit ihren Stieftöchtern wurde von ihren Zeitgenossen als herzlich beschrieben. Maria entwickelte bereits in ihrer Kindheit eine Vorliebe für die Musik, die Poesie und das Theater. So spielte sie die Laute und widmete sich in ihrer Freizeit der Malerei, der Bildhauerkunst und der Kupferstecher-, Zeichen- und Holzschneidekunst. Überdies wurden Maria ausgefeilte sprachliche Fähigkeiten nachgesagt. Als Königin von Frankreich pries man sie später wegen ihrer Beredsamkeit als erfolgreiche Verhandlungspartnerin, die manches Mal sogar mit schwierigen Widersachern fertig werden konnte. Nach dem Tod ihres Vaters und ihrer Stiefmutter im Jahr 1587 wuchs sie in der Familie ihres Onkels Ferdinand I. de' Medici und dessen Gattin Christina von Lothringen auf. (in: Helga Hübner und Eva Regtmeier: Maria de' Medici – Eine Fremde, ebenda, S. 16-17, 19, 21-23, 24, 32, 34, 185).