Am 29. März 2020 schrieb mir Herr Otto Hoffmann Folgendes über Rudolf II. " ... Es nimmt Wunder, daß Rudolf in der Literatur so außerordentlich unterschiedlich dargestellt wird. Er wird als düsterer Menschenhasser beschrieben, als schrulliger Sammler, als untätig in der Politik ... aber dabei werden bei ihm Wesenszüge wahrgenommen, die ihn als Denker über sein Zeitalter hinaus erscheinen lassen. Er pflegte eine Freundschaft mit dem Rabbi Löw, empfing eine Woche lang den Giordano Bruno und ließ sich dessen Ansichten und Erkenntnisse vortragen, während Diplomaten aus mehreren Ländern auf eine Audienz warteten. Als Dekan der Alma Mater Pragensis setzte er einen Lutheraner ein. Als der Papst den Beichtvater Rudolfs anschrieb und fragte, wie oft der Kaiser die Messe und das Abendmahl besucht und was er so an Sünden beichtet, schrieb der Hofkaplan zurück: "er besucht die Messe nicht und beichtet nicht." Dabei wurde Rudolf im Haushalt seines Onkels, des erzkatholischen Königs Philipp II., erzogen."
Meine Antwort hierzu lautete: " ... Und bezüglich des Kaisers Rudolf II. haben Sie so recht. Es trifft übrigens für viele historische Gestalten zu, dass ihnen von ihren mächtigen und einflussreichen Zeitgenossen und den späteren Historikern, die nur deren Quellen für ihre Biografien benutzten, großes Unrecht angetan wurde. Leider ist es so schwer, auf diese groben Fehler aufmerksam zu machen. Rudolf II., Papst Alexander VI., Cesare Borgia ... hatten viele einflussreiche Feinde, die ihre Behauptungen mit Hilfe mächtiger Unterstützer durchsetzen konnten. Und leider gibt es sehr wenige Leute wie Sie, lieber Herr Hoffmann, die dies durchschaut haben. Damit sind Sie vielen Historikern, die sich mit dem Titel "Professor" schmücken dürfen, weit voraus. Die Klugen sind nicht die, die einfach nachplappern (und damit sogar akademische Titel erreichen), sondern die, die noch selbst denken können wie Sie. Aber da es weniger von uns gibt, haben wir es sehr schwer, die Fehler zu korrigieren. ... Zu diesem aufgeklärten Mann passt es sehr gut, dass er sich seinen Lebenspartner selbst aussuchte und sich nicht einfach von seinem Onkel, diesem erzkatholischen und intoleranten Mann, mit dessen Tochter verheiraten ließ."
Herr Otto Hoffmann fügte noch folgende Lesetipps bezüglich des Kaisers hinzu:
"Enorm viele Literaturhinweise erhalten Sie auf einer Seite der Ludwig Maximilian Universität München: kaiserhof.geschichte.lmu.de/10080
Viele bunte Bilder, knapper, etwas oberflächlicher Text: Schloß Schönbrunn Kultur und Betriebs-Gmbh Wien info@habsburger.net "Die Welt der Habsburger"
etwas trivial: Fischer-Fabian: "Die deutschen Caesaren", Droemer 1977
Richard Reifenscheid: Die Habsburger in Lebensbildern - Rudolf II., 1982
Friedrich Weissensteiner: Große Herrscher des Hauses Habsburg - Rudolf II -, 1996 (Piper)
Schindling, Ziegler: Kaiser der Neuzeit 1519 - 1918; Rudolf II. von Volker Press, C. H. Beck Verlag 1990
Jaeckel: Deutsche Geschichte: Die Deutschen Kaiser - Rudolf II. -
Meine Lieblingsdarstellung der Deutschen Geschichte: Freund: Deutsche Geschichte, 1973 (Bertelsmann; Freund streift Rudolf aber nur kurz im Rahmen seines Gesamtwerks)."