Über die Rangordnung bezüglich der Erzherzöge von Österreich und der Herzöge von Bayern: "... als die jüngsten nachgebornen Prinzen aus dem Hause Oesterreich als Erzherzoge bei allen öffentlichen Gelegenheiten den Vortritt vor den regierenden deutschen Herzogen begehrten. ... Aber gleich auf dem ersten Reichstage, den Herzog Wilhelm [V., Sohn von Anna von Österreich] nach seinem Regierungs-Antritte besuchte [im Jahr 1582], erhoben sich Streitigkeiten sowohl bei dem Einzuge Kaiser Rudolphs als bei andern Feierlichkeiten, konnte Herzog Wilhelm nicht umhin, dem Erzherzoge Carl [dem jüngsten Bruder seiner Mutter Anna von Österreich] den Vorrang zu lassen; er erklärte jedoch persönlich dem Kaiser, er habe dieß bloß aus Deferenz für seinen Oheim gethan und wolle den Rechten des uralten Hauses Bayern hiedurch nichts vergeben haben ..." Wilhelms Mutter, Anna von Österreich, schrieb daraufhin an ihren jüngsten Bruder Karl, Erzherzog von Innerösterreich: "... obwohl sie sich ihres Ursprunges [sie stammte aus dem Hause von Österreich] erinnere, und daher nicht Ursache habe, dem Hause Oesterreich abzulegen, so müsse sie doch der Wahrheit nach bekennen, daß man wohl wisse, wer Oesterreich sei, - und wer Bayern sei; es wäre auch unvergessen, daß die von Bayern Fürsten gewesen, ehe die von Oesterreich es geworden und daß Oesterreich bei Bayern gedient habe' ... Von bayerischer Seite stützte man sich hauptsächlich darauf, daß das Herzogtum Bayern älter sei, als das Herzogthum Oesterreich ... Von Seite Oesterreichs ward dagegen behauptet, ein Erzherzog müsse eben so gut allen Herzogen, als ein Erzbischof allen Bischöfen vorgehen. ... Bisher hatten sich sowohl die Kurfürsten als die Herzoge und Fürsten mit dem Titel Kurfürstliche und Fürstliche Gnaden begnügt; nur die Erzherzoge von Oesterreich ließen sich seit länger als hundert Jahren schon Durchlaucht nennen. ... [Fazit des Autoren:] Es läßt sich nicht widersprechen, daß man damals auf diese Titel- und Rang-Verhältnisse einen übertrieben großen Wert legte." (in: C. M. Freiherr von Aretin: Geschichte des bayerischen Herzogs und Kurfürsten Maximilian des Ersten. 1. Band, ebenda, S. 425-429).
Dieser Streit um die Rangordnung währte auch noch die nächste Generation: "Eines Tages ging Maximilian [I., der zweite Sohn und Nachfolger von Wilhelm V., also ein Enkel von Anna] zur Kirche und nahm, wie er es für seinen fürstlichen Rang geziemend glaubte, in der ersten Stuhlreihe Platz. Kurz darauf erschien Erzherzog Ferdinand [II., sein Cousin, Sohn von Annas Bruder Karl II. oder Carl] zum Gottesdienst, und da er den vordersten Stuhl schon besetzt fand, stellte er sich einfach davor hin, um auf diese Weise den Vorrang Habsburgs vor Wittelsbach vor aller Welt zu dokumentieren. Gekränkt räumte darauf Maximilian dem jüngeren Vetter seinen Platz ein, beschwerte sich aber bei seinem Vater über die erlittene Demütigung." (in: Johann Franzl: Ferdinand II. - Kaiser im Zwiespalt der Zeit, ebenda, S. 22-23).