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Alltagsgeschichte des Mittelalters

XI. Leben im Kloster

Die Klöster spielten bis ins 15. Jh. hinein eine wichtige Rolle in der mittelalterlichen Gesellschaft. Gerade dem Adel boten sie die Möglichkeit, jenen Kindern einen geeigneten Unterhalt zu gewähren, für die es in der adligen Welt keine Verwendung gab. So wurden besonders die jüngeren oder die für das militärische Leben körperlich untauglichen Söhne sowie die Töchter, die man nicht verheiraten konnte, den Klöstern übergeben. Viele Eltern bestimmten jedoch auch eines oder mehrere ihrer Kinder für das Mönchs- bzw. Nonnenleben, weil sie wünschten, daß diese dann für das Heil der gesamten Familie beteten.

Außer als Versorgungsanstalten wurden die Klöster auch zur Urbarmachung von neuem, sumpfigem Land und als Bildungszentren benötigt. Unter der Herrschaft Ottos I. († 973) gewannen diese geistlichen Anstalten an Macht und Ansehen. So verlieh dieser Kaiser z.B. den Äbten die Immunität, d.h. er unterstellte ihre Klöster direkt seiner Herrschaft und entzog sie so der Amtsgewalt und den Steueransprüchen der Grafen. Damit überließ er den Äbten zusätzlich das Recht der hohen Gerichtsbarkeit, die Markt- und Zollrechte und die Einnahmen aus diesen Rechten.

Im Laufe des Mittelalters wurden zudem die Geschenke, die den Klöstern überreicht wurden, immer großzügiger. Waren es im 12. Jh. im allgemeinen Kleidungsstücke und Nahrungsmittel, die gestiftet wurden, schenkte man im 14./15. Jh. – je nach dem Vermögensstand des Gönners bzw. der Gönnerin – liturgische Geräte und Gewänder, kostbare Stoffe, Altäre, Kapellen, Hospitäler, neue Kirchen und neue Klöster.

Die meisten Schenkungen, die schon zu Lebzeiten der Stifter vorgenommen wurden, waren sogenannte Prekarien, also Geschenke wie z.B. ein Dorf oder ein Waldstück, die man als Geber noch bis zu seinem Lebensende nutzen konnte. Dem Beschenkten, z.B. einer bestimmten Klostergemeinschaft, zahlte man derweil die anfallenden Zinsen aus.

Wenn Klöster ganze Grundherrschaften erbten, gehörten ihnen natürlich auch die dort ansässigen unfreien Bauern und deren Familien, die dann für ihre neuen Herren ebenfalls Frondienste zu leisten, Naturalien und Zinsen abzuliefern und eventuell, wenn die Klosterkirche ihre Pfarrkirche wurde, den Kirchenzehnten zu übergeben hatten.

Das Kloster Prüm erhielt um 1400 z.B. von seinen unfreien Bauern jährlich: "4.000 Zentner Getreide, 1.800 Schweine und Ferkel, 4.000 Hühner, 20.000 Eier, 250 kg Leinen, 4 Fässer Honig, 4.000 Eimer Wein, 1.500 Schillinge bares Geld, dazu noch über 4.000 Fuhrdienste und 70.000 Tage Arbeitsdienste." (in: Geschichte für morgen 2, Frankfurt a. Main 19856, S. 13)

Mit der Zeit wurden die Klöster so reich, daß sie sich selbst Grundherrschaften, Waldstücke, Nutzungsrechte und Dörfer kaufen konnten:
"Für 3.300 Gulden erwarb die Abtei Maulbronn eine kleine Herrschaft (das Dorf Mönsheim). Die Urkunde (vom 4.4.1414) zählt alle Rechte in dieser Erwerbung (vom Grafen) von Württemberg auf: Abgaben aus dem Grundbesitz, also von Höfen, Äckern und Weinbergen, dazu die Abgaben aus der Vergabe dörflicher Einrichtungen wie Mühle, Kelter und Badestube. Festgehalten werden die neuen Rechte der Abtei, im Dorf Steuern zu erheben sowie Schultheiß und Dorfgericht einzusetzen. 53 Eigenleute (Unfreie) werden aufgeführt, denen gegenüber die Abtei besondere Rechte hat. Sie erstrecken sich auf die Hinterlassenschaft beim Tode dieser Personen." (in: Die Zisterzienser, Ordensleben zwischen Ideal und Wirklichkeit, Rheinisches Museumsamt, Braunweiler, Köln 1981, S. 600)

Das Vermögen wurde jedoch in den Kirchen und Klöstern nicht immer auf seriöse Weise gehäuft. So beschwerte sich bereits Abaelard über den in seinem Jahrhundert (11./12. Jh.) fleißig betriebenen Reliquien- und Kreuzeverkauf: "Wir sind in dem Wahn schon so weit gekommen, daß wir uns Prediger mieten, weil wir ja selbst nicht mehr predigen können; solche Lügenapostel führen wir mit uns herum, wir zeigen unsere Kreuze und Reliquien vor und verkaufen beides, die Kreuze und das Wort Gottes, ja sogar teuflisches Lügenwerk an herzensgute Christenleute, an denen kein Arg ist, wir versprechen ihnen alles, was uns Geld verspricht." (in: Abaelard, ebenda, S. 344)

Die Zisterzienser, Mönche eines benediktinischen Reformordens aus dem 12. Jh., betrieben schon zu Beginn ihres Bestehens Pfandleihe. Wenn jemand Geld benötigte, konnte er bei ihnen Äcker, Dörfer, Weinberge oder verschiedene Nutzungsrechte als Pfand setzen. Bis zur Rückerstattung des Darlehens durften die Mönche die Erträge, die das "Pfand" derweil lieferte, beanspruchen. Konnte der Pfandgeber seine Schulden nicht begleichen, verfiel das Pfandobjekt an das Kloster. Zusätzlich nahmen die Zisterzienser auch Sachgüter und Geld in ihren Klostertresoren gegen entsprechende Bezahlungen in Verwahrung. Und in den Städten ließen sie Lagerräume, Speicher und Keller errichten, in denen die Kaufleute ihre Handelsgüter – gegen Gebühr natürlich – lagern lassen konnten.


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