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Sonstige — Melusine von der Schulenburg (1667-1743)

Melusine von der Schulenburg (1667-1743), seit 1716 Herzogin von Munster und seit 1719 Herzogin von Kendal, die Mätresse und schließlich heimliche zweite Gattin von Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (1660-1727), dem Kurfürsten von Hannover und König von England, Schottland und Irland

Melusine kam aus einer berühmten altmärkischen Familie. Ihre Vorfahren konnte man bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Georg Ludwig, der Kurfürst von Hannover und König von England, Schottland und Irland, ging mit Melusine von der Schulenburg heimlich eine Ehe zur linken Hand (oder auch morganatische Ehe genannt) ein. So berichtet uns Wilhelmine von Preußen (1709-1758), die Markgräfin von Bayreuth und Enkelin von Georg Ludwig: "Die Gräfin Schulenburg, nachherige Herzogin von Kendall .. war seine Maitresse, oder vielmehr ihm an die linke Hand angetraut." (in: Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, Schwester Friedrichs des Großen, ebenda, S. 55).

"Melusine war groß [größer als Georg] und dünn; so groß und dünn jedenfalls, daß Georgs Mutter [Sophie von der Pfalz, die Kurfürstin von Hannover], verärgert über die Komplikationen, die diese Liebesaffäre in ihr Leben brachte, sie als malkin (Hopfenstange oder Vogelscheuche) bezeichnete. Und in England nannte man sie dann nach 1714 'Maibaum' im Gegensatz zu dem 'Elefanten', Georgs Halbschwester Sophie Charlotte von Kielmannsegg, die inzwischen eine recht matronenhafte Figur hatte. .. Im Wesen war sie [Melusine] völlig anders als Sophie Dorothea [die Gattin von Georg]. Sie war nachgiebig und geduldig, was Georg als Wohltat empfunden haben dürfte, denn seine Frau hatte ein reizbares und stürmisches Temperament. Melusine versuchte zu gefallen und zu besänftigen, sie teilte seine Interessen an der Musik und am Theater, sie beobachtete ihn und seine Launen und lernte, mit ihm umzugehen. ... Ihre Liebe zu Georg wurde weder von seiner noch ihrer Familie je in Zweifel gezogen. ... Sie war intelligent und gebildet ... Sie konnte rasch das Wesentliche eines Menschen erfassen und amüsierte Georg mit aus Papier geschnittenen Figuren von Ministern und anderen Leuten bei Hof, die sie manchmal karikaturistisch übersteigerte. Sie war gewitzt ... und wenn sie es für nötig hielt, waren ihre Briefe durchaus nicht ohne Spitzen." (in: Ragnhild Hatton: Georg I. - Ein deutscher Kurfürst auf Englands Thron, ebenda, S. 50-51). Aus ihrer Beziehung mit Georg gingen drei Kinder hervor: ihre Tochter Anna Luise [ihr Rufname war Luise], geboren im Jahr 1692 und gestorben im Jahr 1773, ihre Tochter Petronella Melusine [sie wurde Melusine die Jüngere genannt], geboren im Jahr 1693 und gestorben im Jahr 1778, und ihre Tochter Margarethe Gertrud, geboren im Jahr 1701 und gestorben im Jahr 1726, die im Kreise der Familie Trudchen oder Trutjen genannt wurde. "Sie [die jüngste Tochter aus der Beziehung mit Georg Ludwig, Trudchen oder Trutjen] sah so gut aus, daß die hannoverschen Höflinge in England sie 'die schöne Gertrud' nannten. Auch die älteste Tochter hielt man für eine Schönheit. Über die mittlere berichten uns die Quellen, daß sie hübsch war und beherzt genug, Georg gegenüber ihre Meinung freimütig zu äußern, wenn sie nicht mit ihm übereinstimmte - und dies selbst bei politischen Angelegenheiten. ... Trutjen liest in Pyrmont - sie ist sechs Jahre alt - mit dem Ernst einer Erwachsenen Georg aus der Zeitung vor; mit zwölf darf sie, die immer Georgs Liebling war, mit ihm auf die Jagd in die Göhrde; sie ist ein richtiger Wildfang und möchte gern Soldat werden, wenn sie groß ist." (in: Ragnhild Hatton: Georg I. - Ein deutscher Kurfürst auf Englands Thron, ebenda, S. 52).

"Melusine fühlte sich besonders ihrer zweiten Tochter verbunden, die für gewöhnlich 'die junge Melusine' hieß, bis 1733 ledig blieb und meistens mit ihrer Mutter zusammen war. Vielleicht kam sie mit ihrer ältesten Tochter Luise auch weniger gut zurecht. Sicher ist jedenfalls, daß Georg, als er 1723 über eine der Kassen in Hannover eine Zahlungsanweisung an 'die Schwester von Lady Walsingham [= also an Luise, die ältere Schwester der jungen Melusine]' ergehen ließ, darum ersuchte, daß dies 'ohne Wissen der Herzogin von Kendal [= Melusine von der Schulenburg, die Mutter der beiden] getan werde'. Anno 1726 schenkte er Luise ein schönes kleines Palais in Herrenhausen, das nach ihr 'Delitzsches Palais' genannt wurde, vermutlich, damit sie, wenn nötig, ein Refugium hatte. Vielleicht brachte Melusine weniger Toleranz für Luises Lebensstil auf als Georg. Luise war geistreich und schön. Ein unbekannter Leser eines Briefes, der jetzt im Public Record Office verwahrt und in dem sie namentlich erwähnt wird, hat in einer Randbemerkung ihre angenehme Persönlichkeit gewürdigt. Doch aus Ernst Augusts [jüngster Bruder von Georg Ludwig] Briefen geht deutlich hervor, daß sie eigenwillig war; und laut Hervey hatte sie nicht nur 'tausend Liebhaber', sondern wurde schließlich geschieden, weil ihr Mann sie in flagranti ertappt hatte. Sie war früh vermählt worden und hatte in die Familie Bussche-Ippenburg eingeheiratet. Mit Sicherheit weiß man aber nur, daß Georg vor 1714 Vorkehrungen für ihre Scheidung traf und daß er es - zu der Zeit, da die junge Melusine einen englischen Titel erhielt - für sie arrangierte, daß sie den Titel einer Reichsgräfin von Delitz bekam. Die Schulenburgerin hatte ganz offensichtlich strenge Maßstäbe. Sie mißbilligte die Spielleidenschaft von Philip Dormer Stanhope, dem vierten Earl of Chesterfield, der die junge Melusine heiratete, so sehr, daß er Angst davor hatte, seine Verluste beim Kartenspiel während eines Besuchs in Bath zu gestehen: Er gab vor, überhaupt nicht gespielt zu haben. ... Daß Melusine und diejenigen Töchter, die Georg überlebten, sich ans Leben in England gewöhnt hatten, geht daraus hervor, daß sie nach 1727 in England blieben. Die Herzogin von Kendal verkaufte ihr Gut in Holstein, das sie nach 1720 erworben hatte, und ließ sich in Twickenham nieder. Die Gräfin von Delitz veräußerte das Delitzsche Palais und kaufte ein Haus in Paddington." (in: Ragnhild Hatton: Georg I. - Ein deutscher Kurfürst auf Englands Thron, ebenda, S. 147-149).

 
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